Unechte Karettschildkröte, Caretta caretta, – © Hans-Jürgen Bidmon

Tezak - 2020 - 01

Tezak, B., B. P. Bentley, M. Arena, S. Mueller, T. Snyder & I. Sifuentes-Romero (2020): Incubation environment and parental identity affect sea turtle development and hatchling phenotype. – Oecologia 192(1): 939–951.

Die Umweltbedingungen während der Inkubation und die Identität der Eltern wirken sich auf die Entwicklung und den Phänotyp bei Meeresschildkrötenschlüpflingen aus.

DOI: 10.1007/s00442-020-04643-7 ➚

Unechte Karettschildkröte, Caretta caretta, – © Hans-Jürgen Bidmon
Unechte Karettschildkröte,
Caretta caretta,
© Hans-Jürgen Bidmon

Bei Reptilien spielen die Inkubationsbedingungen, unter denen sich die Embryonen entwickeln, eine große Rolle für vielfältige biologische Prozesse. Die derzeitige bis dato einzigartige Geschwindigkeit des Klimawandels erfordert es, ein Verständnis dafür zu entwickeln, wie sich diese Umweltbedingungen auf die Inkubation und Entwicklung der Embryonen auswirken. Letzteres trifft auf gefährdete Arten wie die der Schildkröten besonders zu. Konsequenterweise haben sich eine Anzahl von Studien darauf fokussiert, die Auswirkungen der verschiedenen Umweltbedingungen auf die unterschiedlichsten Entwicklungsprozesse und phänotypischen Parameter bei Schlüpflingen zu untersuchen. Zusätzlich zu den Inkubationsbedingungen ist es aber auch wichtig zu verstehen, wie der Anteil, den die Elterntiere in Bezug auf die Qualität der Schlüpflinge leisten, aussieht. Bei dieser Studie handelt es sich um die erste die die Auswirkungen der Elterntiere und der Inkubationsbedingungen auf die Embryonalentwicklung und den Phänotyp der Schlüpflinge bei Meeresschildkröten im Freiland bei natürlich inkubierenden Nestern (und nicht unter Laborbedingungen) untersucht. Hier untersuchten wir bei Unechten Karettschildkröten (Caretta caretta) die Auswirkungen der Herkunft der Elterntiere (Gelege), der Inkubationstemperatur und der Substratfeuchte auf das Embryowachstum, die Inkubationszeit und den Phänotyp der Schlüpflinge. Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Nestsubstratfeuchte und die Temperatur während des letzten Drittels der Embryonalentwicklung das Körpergewicht der Schlüpflinge beeinflusst, wobei die Schlüpflingsgröße positiv mit der Nestfeuchte korreliert ist. Allerdings war der mütterliche Einfluss in Bezug auf den Schlupferfolg und die Schlüpflingsgröße am stärksten ausgeprägt, und zwar unabhängig von den jeweiligen umweltbasierten Inkubationsbedingungen. Die Ergebnisse dieses Experiments identifizierten mehrere Faktoren, die sich auf die Embryonalentwicklung unter Freilandinkubationsbedingungen auswirken welche in Bezug auf die Überlegungen und Interpretationen zu den Auswirkungen des Klimawandels auf die Reptilienentwicklung von fundamentaler Bedeutung sind.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Eine Arbeit, die sicherlich für die Unechte Karettschildkröte neue Erkenntnisse liefert. Allerdings denke ich, dass die hier beobachteten Einflussnahmen von Umweltbedingungen und den individuellen Muttertieren eher ein bekanntes generelles Bild widerspiegeln. Für viele Süßwasserschildkröten wurde Ähnliches festgestellt und dass ältere und größere Muttertiere größere Schlüpflinge zeitigen, wurde selbst für daraufhin untersuchte Landschildkrötenspezies schon gezeigt. Insofern werden sich Meeresschildkröten durchaus wie auch in der Vergangenheit dem Klimawandel anpassen können, was allerdings dabei auch zu bedenken ist, ist eben die Verschiebung oder Verlagerung von Nisthabitaten. Denn wenn die Feuchtigkeitsparameter an einem Niststrand zu extrem werden drohen ja ganz andere Gefahren als ein mehr oder weniger noch tolerierbarer Feuchtigkeitsanstieg im Nestsubstrat (siehe dazu Pike et al. 2015) um nur einen Aspekt beispielhaft hervorzuheben.

Literatur

Pike, D. A., E. A. Roznik & I. Bell (2015): Nest inundation from sea-level rise threatens sea turtle population viability. – Royal Society Open Science 2(7): 150127 oder Abstract-Archiv.

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