Maurische Landschildkröte, Testudo graeca, – © Hans-Jürgen Bidmon

Sanz-Aguilar - 2011 - 01

Sanz-Aguilar, A., J. D. Anadon, A. Gimenez, R. Ballestar, E. Gracia & D. Oro (2011): Coexisting with fire: The case of the terrestrial tortoise Testudo graeca in Mediterranean shrublands. – Biological Conservation 144(3): 1040-1049.

Die Coexistenz mit Feuer: Der Fall der Landschildkröte Testudo graeca im mediterranen Buschland.

DOI: 10.1016/j.biocon.2010.12.023 ➚

Maurische Landschildkröte, Testudo graeca, – © Hans-Jürgen Bidmon
Maurische Landschildkröte,
Testudo graeca,
© Hans-Jürgen Bidmon

Feuer und Brandmanagement wurden als zwei wichtige Faktoren in Bezug auf die Erhaltung der Biodiversität erkannt. Messungen auf dem Artniveau, die darauf abzielen, die demographischen, verhaltensmäßigen Parameter zu erfassen, die zeigen, wie die Tiere auf Populationsniveau auf unterschiedliches Brandmanagement reagieren, sind ein unverzichtbares Werkzeug zur Generierung adäquater Erhaltungsmanagementmethoden. Hier erfassten wir den Einfluss, den Feuer auf die Überlebensraten, die Reproduktion und das Bewegungsmuster bei Testudo graeca, einer gefährdeten Landschildkröte, die die Mediterranregion besiedelt hat. Diese Region repräsentiert ein Ökosystem, in dem Feuer eine wesentliche, funktionell-gestalterische Rolle spielt. Im Anschluss daran entwickelten wir Vorhersagemodelle für eine „Quasi-Ausrottung“ von T. graeca bei verschiedenen Regimen des Brandmanagements und analysierten die Populationsgrößen anhand von stochastischen Populationsmodellen. Unsere Ergebnisse zeigen, dass Brände direkte (tatsächliche) und zeitverzögerte Rückgänge in Bezug auf das Überleben in der betroffenen Lokalität verursachen, wobei junge Schildkröten, die am stärksten heimgesuchte Altersklasse darstellen. Es ergaben sich keine Unterschiede in Bezug auf die Reproduktionsrate oder für das Bewegungsmuster der Schildkröten zwischen brandgerodeten und unbehandelten Arealen. Die Populationsmodelle zeigten starke Variationen für die Wahrscheinlichkeit eines „Quasiaussterbens“ der Populationen sowie der Populationsgrößen in Abhängigkeit zu den unterschiedlichen Regimen (Intervallen) von Bränden. Unter den Häufigkeiten, mit denen Feuer natürlicherweise im Freiland (weniger als 1 Feuer alle 20-30 Jahre) auftreten, können die meisten Schildkrötenpopulationen die negativen Auswirkungen auf ihren Bestand kompensieren. Wenn allerdings dieser Grenzwert in Bezug auf die Brandfrequenz überschritten wurde, erhöhte sich die Aussterbenswahrscheinlichkeit für alle Populationen explosionsartig, mit Ausnahme der allergrößten Ausgangspopulationen. T. graeca Population sind in der Lage, mit einer natürlichen Feuerfrequenz zu leben, aber bei in kürzeren Zeitabständen aufeinander folgenden Bränden werden die Populationen sehr stark im Bestand gefährdet. Unsere Ergebnisse haben direkte anwendungsbezogene Konsequenzen in Bezug auf das Brandmanagement innerhalb mediterraner Regionen, in denen diese bedrohte Landschildkrötenart noch präsent ist.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Neben dem Befund, dass Schlüpflinge und subadulte Schildkröten im Vergleich zu adulten Schildkröten wesentlich schlechtere Überlebenschancen bei Bränden haben, kann man die Ergebnisse dieser Studie nur mehr als ernst nehmen, denn wie schon bei Hailey & Willemsen (2003) für die Landschildkrötenpopulationen Griechenlands zu lesen ist, sind die meisten ausgelöschten Populationen Bränden zum Opfer gefallen. Als weitere abzuleitende Erkenntnis aus dieser Studie lässt sich vermuten, dass optimale Mikrohabitate für Schildkröten begrenzt sind und dass Jungschildkröten mit den ortsansässigen Adulttieren um bestimmte Mikrohabitate konkurrieren, denn mit ein Grund für die besseren Überlebenschancen adulter eingesessener Tiere dürfte eben auch der Besitz von Höhlen bzw. Geländeformationen sein, die sowohl Schutz als auch genug Nahrung und Thermoregulationsmöglichkeiten bieten. Insofern sollte man die Auswirkung von Bränden auch durchaus dort analysieren, wo man mit Aufstockungsprogrammen bzw. Umsiedlungsprogrammen bestehende natürliche Bestände aufstock. Denn auch dort könnte es so sein, dass die Anzahl entsprechend optimaler Mikrohabitate begrenzt ist und nicht mehr für alle Individuen ausreicht (siehe Bertolero et al. 2007).

Literatur

Bertolero, A., D. Oro, & A. Besnard (2007): Assessing the efficacy of reintroduction programmes by modelling adult survival: the example of Hermann’s tortoise. – Animal Conservation 10(3): 360-368 oder Abstract-Archiv.

Hailey, A. & R. E. Willemsen (2003): Changes in the status of tortoise populations in Greece 1984-2001. – Biodiversity and Conservation 12: 991-1011.

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