Georgia-Gopherschildkröte, Gopherus polyphemus, – © Brian Folt
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Ibáñez - 2025 - 01

Ibáñez, A. & J. Garcia-Porta (2025): The scent of habitat shift: Olfactory receptor evolution is associated with environmental transitions in turtles. – Zoology 168: 126236.

Der Duft der Lebensraumveränderung: Die Evolution der Geruchsrezeptoren steht im Zusammenhang mit Umweltveränderungen bei Schildkröten.

DOI: 10.1016/j.zool.2024.126236 ➚

Georgia-Gopherschildkröte, Gopherus polyphemus, – © Tracey D. Tuberville
Georgia-Gopherschildkröte,
Gopherus polyphemus,
© Tracey D. Tuberville

Der Übergang zwischen aquatischen und terrestrischen Lebensräumen führt zu extremen strukturellen Veränderungen der sensorischen Systeme. Geruchsrezeptoren (OR) sind an der Erkennung von Geruchsmolekülen sowohl im Wasser als auch an Land beteiligt. Daher sind die ORs von den evolutionären Lebensraumwechseln der Organismen betroffen. In dieser Studie untersuchten wir anhand von Schildkröten, einer Gruppe von Wirbeltieren, die viele unterschiedliche Lebensräume bewohnen, ob das Repertoire an funktionellen Geruchsrezeptorgenen mit dem Lebensraum korreliert. Wir fanden heraus, dass der Anteil der funktionellen Geruchsrezeptorgene der Klasse I im Vergleich zur Klasse II (die für die Erkennung von Geruchsstoffen im Wasser bzw. von flüchtigen Geruchsstoffen verwendet werden) eng mit dem Lebensraum verbunden war. Landschildkröten hatten den größten Anteil an funktionellen Rezeptorgenen der Klasse II, während Meeresschildkröten einen größeren Anteil an Rezeptorgenen der Klasse I aufwiesen. Bei Süßwasserschildkröten war die Anzahl der funktionellen Rezeptorgene der Klassen I und II ausgewogener, aber es gab ein Gefälle bei den Anteilen der OR-Typen, das wahrscheinlich die artspezifischen amphibischen Präferenzen widerspiegelt. Interessanterweise wiesen Süßwasserschildkröten im Vergleich zu Schildkröten aus anderen Lebensräumen die bei weitem größte Anzahl funktioneller OR-Gene auf, was die Hypothese in Frage stellt, dass sekundäre Anpassungen an das Wasser das OR-Repertoire bei Amnioten reduziert haben könnten. Unsere Studie liefert neue Ergebnisse, die ein neues Licht auf die Beziehung zwischen chemischer Kommunikation und Lebensraum werfen.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Hier haben wir wieder ein sehr einleuchtendes Beispiel wie Umweltprägung, sprich Adaptation an unterschiedliche Lebensräume im Laufe der Evolution die sensorischen Fähigkeiten von Lebewesen prägen. Hier wird klar gezeigt, dass sowohl die Klasse der Geruchsrezeptoren wie auch die Menge (Vielfalt) an Geruchsrezeptoren sich von Spezies zu Spezies verändern. Wobei z. B.die Lederrückenschildkröten die wenigsten Geruchsrezeptoren aufweisen während die terrestrischbeheimateten Süßwaserschildkröten die meisten Rezeptoren aufweisen, da sie sowohl im Wasser wie auch an Land eine Vielfalt an Duftstoffen erkennen und eventuell auch kognitiv verarbeiten können müssen (z. B. Poschadel et al., 2006). Ebenso spielen auch für Landschildkröten Gerüche eine wichtige Rolle zur Orientierung, Nahrungssuche und Fortpflanzung (Kelly et al., 2020). Wie sollte es auch anders sein auch Schildkröten nutzen die verschiedensten Sinne um sich in ihrer Umwelt entsprechend zu verhalten und da gehört Geruch ebenso wie Sehen und Hören klar dazu. Siehe dazu auch Giles et al., (2009); Jorgewich-Cohen et al., (2024); Wilkinson et al., (2009; 2010); Kidman et al., (2024); Loconsole et al., (2023); Szabo et al., (2020) und die dortigen Kommentare.

Literatur

Giles, J. C., J. A. Davis, R. D. McCauley & G. Kuchling (2009): Voice of the turtle: the underwater acoustic repertoire of the long-necked freshwater turtle, Chelodina oblonga. – The Journal of the Acoustical Society of America 126(1): 434-443 oder Abstract-Archiv.

Jorgewich-Cohen, G., M. Wheatley, L. P. Gaspar, P. Praschag, N. Scholte Lubberink, K. Ming, N. A Rodriguez & C. R. Ferrara (2024): Prehatch Calls and Coordinated Birth in Turtles. – Ecology and Evolution 14(10): e70410 oder Abstract-Archiv.

Kelley, M. D., K. Cheikhouna, J. W. Finger Jr. & M. T. Mendonça (2020): Behavioural discrimination of male mental gland secretions of the gopher tortoise (Gopherus polyphemus) by both sexes. – Behavioural Processes 183: 104314 oder Abstract-Archiv.

Kidman, R., D. T. McKnight, L. Schwarzkopf & E. J. Nordberg (2024): How turtles keep their cool: Seasonal and diel basking patterns in a tropical turtle. – Journal of Thermal Biology 121: 103834 oder Abstract-Archiv.

Loconsole, M., G. Stachner & E. Versace (2023): Crossmodal association between visual and acoustic cues in a tortoise (Testudo hermanni). – Biology Letters 19(7): 20230265 oder Abstract-Archiv.

Poschadel, J. R., Y. Meyer-Lucht & M. Plath (2006): Response to chemical cues from conspecifics reflects male mating preference for large females and avoidance of large competitors in the European pond turtle, Emys orbicularis. – Behaviour 143(5): 569-587 oder Abstract-Archiv.

Szabo, B., D. W. A. Noble & M. J. Whiting (2020): Learning in non-avian reptiles 40 years on: advances and promising new directions. – Biological reviews of the Cambridge Philosophical Society 96(2): 331-356 oder Abstract-Archiv.

Wilkinson, A., S. Coward & G. Hall (2009): Visual and response-based navigation in the tortoise (Geochelone carbonaria). – Animal Cognition 12(6): 779-787 oder Abstract-Archiv.

Wilkinson, A., I. Mandl, T. Bugnyar & L. Huber (2010): Gaze following in the red-footed tortoise (Geochelone carbonaria). – Animal Cognition 13(5): 765-769 oder Abstract-Archiv.

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