Waldbachschildkroete, Glyptemys insculpta, Jungtiere in Freilandanlage - © Hans-Jürgen Bidmon

Chatfield - 2023 - 01

Chatfield, M. W. H., G. Leclair, H. J. Howell & C. A. Frederick (2023): Demography and Viability of a Central Maine Population of Wood Turtles (Glyptemys insculpta). – Chelonian Conservation and Biology 22 (1): 58–67.

Demographie und Überlebensfähigkeit der Waldbachschildkrötenpopulation (Glyptemys insculpta) in Maine.

DOI: 10.2744/CCB-1548.1 ➚

Waldbachschildkröte, Glyptemys insculpta, – © Hans-Jürgen Bidmon
Waldbachschildkröte,
Glyptemys insculpta,
Jungtier in Freilandanlage
© Hans-Jürgen Bidmon

Die Waldbachschildkröten (Glyptemys insculpta) sind in ihrem östlichen Verbreitungsgebiet in den USA und Kanada von weitverbreiteten Populationsrückgängen betroffen. Der Bundesstaat Maine wird zu jenen gerechnet, in dem eines der wichtigsten Vorkommensgebiete liegt, da es dort eine hohe Anzahl an geeigneten Hochland- und Flusshabitaten für diese Art gibt. Zudem haben jüngste Studien Maine als einen potentiell wichtigen klimatischen Rückzugsort für Waldbachschildkröten identifiziert. Unter Benutzung der Datensammlung aus einer fünfjährigen Fang-Markierungswiederfangstudie über die Waldbachschildkrötenpopulation in Zentral-Maine schätzen wir die Populationsgröße, die derzeitigen Überlebensraten, Populationszuwachsraten und die Populationsüberlebensfähigkeit. Wir führten zudem eine Sensitivitätsanalyse durch, um aufzuzeigen, wie sich selbst geringfüge Störungen auf die Demographie der Population auswirken. Unsere errechnete Gesamtpopulationsgrößenabschätzung lag bei 73 (95 % CI = 69–85) Individuen. Die aktuelle Überlebenswahrscheinlichkeit schwanke zwischen den Jahren und reichte von 80,5 % bis zu 97,5 %, wobei sich für die Weibchen eine leicht höhere Überlebensrate von 94,9 % (95 % CI = 81,6 %–97,8 %) im Vergleich zu den Männchen 92,8 % (95 % CI = 77,6 %–97,4 %) erkennen ließ. Die Modulation der Basispopulationsüberlebensfähigkeitsanalyse lieferte einen λ-Wert von 0,93 (95 % CI = 0,91–0,95) und eine 100%-ige Aussterbewahrscheinlichkeit innerhalb der nächsten 150 Jahre. Obwohl wir bei unseren Basisdemographieparametern einige weitreichende Permutationen (Verlaufsfolgenänderungen) einsetzten, konnten wir kein Szenario finden, bei dem die Sensitivitätsanalyse positive Werte für Populationszuwachsrate ergaben. Diese Ergebnisse haben erhebliche Konsequenzen für den Langzeitfortbestand der Waldbachschildkrötenpopulation innerhalb der Vorkommensgebiete in Maine wie auch in anderen Vorkommensgebieten. Unsere Studie hilft dabei eine notwendige Datenlücke aus dieser Region zu schließen und sie stellt Informationen für die Erstellung von lokalen und regionalen Managementplänen bereit.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Diese Studie lässt aufhorchen, denn sie verdeutlicht eigentlich klar, dass selbst nach all den Jahren sich selbst in einem hochentwickelten Land ohne gravierende Veränderungen bei der Landnutzung solche Populationen sehr wahrscheinlich nicht erhalten lassen (siehe dazu Auge et al., 2023). Denn wohl gemerkt, reden wir hier über die USA und nicht über ein Schwellen- oder Dritteweltland. Etwas zynisch ließe sich vielleicht sogar darauf hinweisen, dass mehr Glyptemys insculpta wahrscheinlich auch aus dieser Maine-Population heute in öffentlichen oder auch privaten Schildkrötenhaltungen leben und sich dort wohl auch fortpflanzen und letztendlich, wenn langfristig und regional – oder gar international übergreifend organisiert – auch noch längerfristig überleben könnten als in ihrer auch nicht mehr ganz so natürlichen Umwelt. Wenn man sich vor Augen führt wie viele mahnende Übersichtsartikel über Schutzwürdigkeit bzw. Prioritätenlisten während der letzten 20 Jahre von meist amerikanischen, aber auch internationalen Autoren erschienen sind, dann kann man nur feststellen, dass sie wohl im „luftleeren Raum“ verhallt sind. Vielleicht haben sie dazu geführt den Handel einzuschränken oder die Haltungsverbote von Seiten der Politik zu straffen, aber die wesentlichen Faktoren und menschengemachten Umweltveränderungen, die zu solchen Aussterbeszenarien beitragen, wurden nicht weiter berücksichtigt. Nein, auch heute werden wir so mancher Art vielleicht den Gar ausmachen, wenn sich unter ihrem angestammten Lebensraum Lithium oder andere seltene Erden für die Elektromobilität gewinnen lassen. Da steht dann der Naturschutz eben mal wieder hinten an, vielleicht sogar mit der Begründung, wir müssen es ja tun, um andern Orts die Lebensräume vor der Klimaerwärmung zu schützen! Ob das so gesehen werden kann ist fraglich, denn ob wir wollen oder nicht wird die Weltbevölkerung noch weiterwachsen, mehr Ressourcen verbrauchen und auch mehr CO2 ausatmen und produzieren. Ja, und wenn man sich die diesjährigen Prognosen der Tourismusindustrie anschaut, scheint auch niemand gewillt zu sein auf Urlaubsflüge der Umwelt zuliebe verzichten zu wollen. Die Wirtschaft muss ja wachsen und zwar anscheinend auf allen Gebieten. Selbst die steigenden Meeresspiegel und mit dem Klimawandel assoziierten Katastrophen scheinen kaum jemanden wirklich zum Umdenken anzuregen, denn einige sorgen sich jetzt schon um eventuelle Einschränkungen für die Schifffahrt durch übermäßigen Nebel etc. (siehe dazu https://www.nature.com/articles/d41586-023-01449-4 ➚). Selbst, wenn wir nur an das menschliche Überleben denken, müssen wir darauf warten, dass der Planet sich selbst lebenswert erhält, indem er durch die Zunahme von vulkanischer Aktivität und anderer Katastrophen dazu beiträgt die Menschheit so zu begrenzen, dass sich eine neue und ressourcenschonendere Populationsdichte einstellen wird, die auch vielleicht, den dann noch den überlebenden Menschen ein Weiterleben ermöglicht. Solche Katastrophen oder genetische Flaschenhälse hat es auch schon früher in der menschlichen Evolutionslinie gegeben. Vielleicht sollte das auch mal bei den Gerichten ankommen, die sich heute schon um die angeblichen Minilokalkatastrophen die durch die „Letzte Generation“ verursacht werden urteilsmäßig kümmern müssen. Dennoch habe ich da wenig Hoffnung! Denn, dass solche Parteien wie jene für Partei für schulmedizinische Verjüngungsforschung zugelassen werden ist schon mehr als bedenklich, ja sogar menschenverachtend. Überlebensfähige an neue Umweltbedingungen angepasstere Lebewesen einschließlich des Homo sapiens müssen geboren werden, und entstehen nicht durch Lebensverlängerung der unter Veränderungen zunehmend Leidenden. Zumal man sich kaum vorstellen möchte was passiert, wenn mehr als 8 Milliarden Menschen plötzlich ihr Alter um mehrere Jahre verlängern, denn sie verbrauchen noch mehr Ressourcen und dürften auch noch mehr Treibhausgase emittieren, aber vielleicht ist das ja das Ziel um dem „Tod“ einen schnelleren Zugriff zu ermöglichen der dann endlich wieder Platz für andere Kreaturen schaffen könnte!

Literatur

Auge, A.-C., G. Blouin-Demers, C. T. Hasler & D. Murray (2023): Demographic evidence that development is not compatible with sustainability in semi‐urban freshwater turtles. – Animal Conservation 27(2): 253-266 oder Abstract-Archiv.

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