Lederschildkröte, Dermochelys coriacea, auf Grenada nistend – © Kate Charles, Ocean Spirits Inc.

Witt - 2011 - 01

Witt, M. J., E. Augowet Bonguno, A. C. Broderick, M. S. Coyne, A. Formia, A. Gibudi, G. A.Mounguengui Mounguengui, C. Moussounda, M. Nsafou, S. Nougessono, R. J. Parnell, G. P. Sounguet, S. Verhage & B. J. Godley (2011): Tracking leatherback turtles from the world's largest rookery: assessing threats across the South Atlantic. – Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences 278(1716): 2338-2347.

Überwachung von Lederschildkröten vom weltweit größten Niststrand und die Erfassung ihrer Gefährdung im Südatlantik.

DOI: 10.1098/rspb.2010.2467 ➚

Lederschildkröte, Dermochelys coriacea, – © Jeanette Wyneken
Lederschildkröte,
Dermochelys coriacea,
© Jeanette Wyneken

Trotz vielfältiger Arbeiten an Lederschildkröten (Dermochelys coriacea) im Nordatlantik und im Indo-Pazifik ist nur wenig darüber bekannt wie sie sich im südlichen Atlantik verteilen, wo die weltweit größte Population an den Stränden von Gabun (Zentral Afrika) nistet. Dieser Mangel an Daten ist in Anbetracht der Geschwindigkeit mit der die Industrialisierung der Fischerei und die nachweisbaren Beifänge mariner Schildkröten in den Gewässern um Afrika und Lateinamerika zunimmt, besonders Besorgnis erregend.

Wir überwachten die Wanderungen von 25 adulten weiblichen Lederschildkröten und gewannen weitreichende fundamentale und praktische Erkenntnisse einschließlich einiger Anzeichen methodische Verbesserungen. Die einzelnen Individuen konnten drei Verteilungsmustern zugeordnet werden, da sie in (i) Habitate im äquatorialen Atlantik, (ii) temperierte Habitate vor Südamerika oder in (iii) temperierte Habitate vor Südafrika wanderten. Dabei besiedelten sie die Regionen mit der höchsten Oberflächen Chlorophyllkonzentration (also nährstoffreiche Gewässer). Diese Strategie setzt die Tiere den Gefahren der hier mit weltweit dem höchsten Ausmaß betriebenen Langleinen-Fischerei sowie der küstennahen Netzfischerei aus. Die Satellitenüberwachung zeigte, dass mindestens 11 Nationen in die Schutzmaßnahmen eingebunden werden müssen sowie weitere Nationen zu denen die jeweiligen außerhalb der Hoheitsgewässer operierenden Fischfangflotten gehören. Die meisten Überwachungstage verbrachten die Tiere auf hoher See, wo die Durchsetzung effektiver Schutzmaßnahmen sehr komplex ist und nur aufwändig zu gewährleisten ist.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Hier haben wir wieder einmal ein Paradebeispiel dafür wie komplex, weitreichend und global Natur- und Artenschutz sein muss. Nun werden viele sagen, das ist nicht neu und jeder der Zugvogelschutz und Erfassung betreibt weiß das. Ja, da gebe ich ihnen recht, nur wenn das solange bekannt ist, dass es niemanden mehr vom Hocker haut; dann frage ich mich auch, welche Konsequenzen haben wir bislang aus diesen Erkenntnissen gezogen. Ich kenne eigentlich keine politisch wirksamen und praktisch umsetzbaren Aktionen, lasse mich aber gerne belehren. Als regelmäßiger Nachrichtenkonsument sind mir Meldungen über illegalen, auch aus Deutschland stammenden, nach Afrika exportierten oder einfach an Land abgekippten Sonder- oder Giftmüll und unkontrollierte Ölaustritte aus Bohrinseln etc. geläufiger.
Denken Sie mal darüber nach. Denn die Wichtigkeit von Maßnahmen wird heute über Medien weltweit kommuniziert und ich denke wenn wir Arten- und Naturschutz effektiv und international betreiben wollen, ist es nicht so wichtig Strichlisten über Individuenzahlen zu führen oder relevante Beobachtungen in wissenschaftlichen Journalen „verstauben“ zu lassen – nein – wir müssen sie vielmehr multimedial kommunizieren, um globale, multinationale Schutzmaßnahmen überhaupt erst zu initiieren. Da hapert es doch wirklich. Es gibt ja erste Ansätze, über so etwas zu berichten, aber selbst unsere über Gebühren finanzierten öffentlich rechtlichen Sendeanstalten bringen solche Reportagen oft zu einer Sendezeit wo sie zumindest für Berufstätige kaum noch zu sehen sind. Ich frage mich immer: wo bleibt da eigentlich die Verantwortung, wenn trotz Gebühren auch nur Quote zählt und etwas Schuld trifft sicher jeden von uns, denn zumindest in einer Demokratie müssten wir uns als einzelne darum kümmern, dass mehr solcher Themen eine Mehrheit im Sinne von Quote finden. Es kann doch eigentlich nicht angehen, dass wir immer erst auf echte Horrormeldungen und Szenarien warten müssen ehe sich etwas ändert. Oder?

Literatur

Boyd, C., Brooks T. M., Butchart S. H. M., Edgar G. J., Da Fonseca G. A. B., Hawkins F., Hoffmann M., Sechrest W., Stuart S. N. & P. P. van Dijk (2008): Spatial scale and the conservation of threatened species – Conservation Letters 1(1): 37-43 oder Abstract-Archiv.

Galerien