Wariss, M., V. J. Isaac & J. C. Brito Pezzuti (2012): Habitat use, size structure and sex ratio of the spot-legged turtle, Rhinoclemmys punctularia punctularia (Testudines: Geoemydidae), in Algodoal-Maiandeua Island, Pará, Brazil. – Revista de Biología Tropical 60(1): 413-424.
Habitatnutzung, Populationsgröße und Struktur sowie Geschlechterverhältnis bei der Gepunkteten Prachterdschildröte, Rhinoclemmys punctularia punctularia (Testudines: Geoemydidae), auf der Insel Algodoal-Maiandeua, Para, Brasilien.
DOI: 10.15517/rbt.v60i1.2777 ➚
Rhinoclemmys punctularia punctularia ist eine semiaquatische Schildkröte, die im nördlichen Südamerika beheimatet ist. Wir untersuchten die Habitatnutzung, die Populationsgröße sowie deren Struktur und das Geschlechterverhältnis dieser Art auf der Insel Maiandeua in einem geschützten Areal an der Nordostküste des brasilianischen Bundesstaates Para. Vier distinkte Habitate (küstennahe flache Seen, Regen überflutete Waldgebiete „igapó“, Seen in den Dünen und Flutkanäle) wurden während der Regenzeit (März und April) und Trockenzeit (August und September) 2009 untersucht, wobei wir Fallen einsetzten. Für die Analyse der Populationsstruktur nutzten wir zusätzliche Daten, die im März und August 2008 gesammelt worden waren. Insgesamt wurden 169 Individuen gefangen. Die meisten in überfluteten Waldregionen, in küstennahen flachen Seen und vereinzelt auch in temporären Tümpeln. Die Fangraten waren in den flachen küstennahen Seen am höchsten, was daran liegen könnte, dass hier die Anzahl der von R. p. punctularia als Nahrung genutzter Früchte am höchsten war. In Bezug auf die erfassten chemischen Wasserqualitätswerte zeigte sich, dass der Salzgehalt der einzige Faktor war, der signifikant negative Auswirkungen auf das Vorkommen und die Fangraten hatte. Das Geschlechterverhältnis war leicht zugunsten der Weibchen verschoben, und es zeigte keine habitatspezifischen oder saisonspezifischen Abweichungen. Die gerade Carapaxlänge lag für die Weibchen signifikant über jener der Männchen und variierte auch nicht zwischen den Habitaten. Zusammenfassend ergaben sich Beweise dafür, dass sowohl biotische wie abiotische Faktoren, wie die Nahrungsverfügbarkeit, niedrige Fließgeschwindigkeit und Salzgehalt die Habitatauswahl bei R. p. punctularia auf der Insel Algodoal-Maiandeua beeinflussen.
Kommentar von H.-J. Bidmon
Es ist schon interessant zu erfahren, dass vieles von dem, was früher nur den so bezeichneten „höheren“ Tieren zugetraut wurde, auch bei vielen anderen, einschließlich der Schildkröten, zu beobachten ist. Allerdings denke ich, dass man auch hier erst am Anfang der Erkenntnis steht. Denn woran es heute oft mangelt, ist das Wissen darüber, was für eine Schildkröte oder ein bestimmtes Reptil einen adäquaten Reiz oder Anreiz darstellt. Denn wir lernen ja gerade zunehmend, dass solche Verhaltensweisen sich als Anpassung an einen bestimmten Lebensraum entwickelt haben und den kennen wir für unsere üblicherweise getesteten Labortiere recht gut, nicht aber für die Vielzahl von Wildtieren. Wer einmal beobachtet hat, mit welcher Ausdauer (stereotype Penetranz) und Genauigkeit manche Schildkrötenweibchen das Loch im Zaun, durch das sie im Vorjahr einen geeigneten Nistplatz gefunden haben, an der gleichen Stelle im nächsten Jahr wieder suchen, wobei sie sich nach einem Winterhalbjahr sicher nicht mehr am Geruch orientieren können, dem sollte eigentlich auch so klar werden, dass auch Schildkröten je nach aktuellem Anreiz beide Strategien sehr gezielt zum Einsatz bringen können.