Selman, W. & R. L. Jones (2012): Growth in Kyphotic Ringed Sawbacks, Graptemys oculifera (Testudines: Emydidae). – Chelonian Conservation and Biology 11(2): 259-261.
Das Wachstum bei kyphotischen Pracht-Höckerschildkröten, Graptemys oculifera (Testudines: Emydidae).
DOI: 10.2744/CCB-0983.1 ➚
Kyphose (Wirbelsäulenverkrümmung) wurde bisher für keine der Graptemys Spezies (Landkarten- und Höckerschildkröten) beschrieben. Wir fingen vier kyphotische Individuen von Graptemys oculifera im Pearl-Flusssystem, Mississippi, wobei wir drei der Individuen 5 bis 12 Jahre später wieder fangen konnten. Ein junges Weibchen zeigte dabei einen messbaren Zuwachs, während die beiden adulten Weibchen nur einen zu vernachlässigenden Zuwachs aufwiesen. Alle kyphotischen Exemplare waren Weibchen, die Gesamthäufigkeit solcher Exemplare lag bei 0.10 % (4 von insgesamt 3830 Schildkröten) die an 5 Arealen in denen die Fang-Wiederfang-Studie durchgeführt wurde gefangen wurden.
Kommentar von H.-J. Bidmon
Diese Studie beschreibt ein seltenes Phänomen aus der Natur und zeigt, dass solche kyphotischen Tiere, bei denen sich der Panzer außen nach oben wölbt und das Zentrum einsenkt, auch in der Natur vorkommen und überleben können. Deshalb wäre es hier einmal interessant, Blutproben für genetische Studien zu gewinnen. Die Abbildung eines dieser Exemplare sieht den Bildern, die wir von angeblich schlecht gehaltenen, zeitweise angeblich rachitischen Schildkröten aus veterinärwissenschaftlichen Schriften kennen, sehr ähnlich. Gerade deshalb wäre es interessant zu schauen, ob Gendefekte dafür verantwortlich sind. Wie vom Menschen bekannt, könnten solche Individuen z.B. eine mutierte defekte Mutation des Vitamin D-Rezeptors aufweisen. Dafür würde sprechen, dass man das nur bei Weibchen gefunden hat, weil nur Weibchen damit einigermaßen überleben können, da bei ihnen Östrogene die Funktion zum Teil kompensieren können. Denn es stellt sich schon die Frage, ob alles was an Deformationen so in der Tierhaltung auftritt, wirklich nur auf unzureichende Haltung zurückzuführen ist? Wenn man z.B. eine Zuchtgruppe hat, in der eines der Tiere eine solche Mutation vererben würde, dann könnten auch gehäuft Jungtiere schlüpfen, die trotz optimaler Versorgung solche Wachstumsstörungen zeigen. Dass das nicht alle betrifft, liegt wahrscheinlich daran, dass die meisten Züchter ja meist mehrere Tiere beiderlei Geschlechts haben und bei Schildkröten eben multiple Vaterschaften häufig vorkommen, so dass nicht alle Schlüpflinge eines Geleges davon betroffen sein müssen, sondern nur jene, die sowohl von der Mutter als auch von einem der Väter ein defektes Gen geerbt hätten. Denn eines ist auch klar, die Tierärzte, denen solche Tiere vorgestellt werden, machen auch keinen Gentest. Sie haben nur die Chance festzustellen, ob das vorgestellte Tier rachitisch ist. Wenn sie mit einem älteren Weibchen kommen würden, dessen Carapax zwar deformiert, aber schon wieder fest ist, weil höhere Östrogenspiel eben dazu beigetragen haben, kann das kein Tierarzt mehr ohne Gen- oder Rezeptorbindungsstudie feststellen, und dann liegt es meist auf der Hand zu behaupten, dass dieses Tier mal schlecht gehalten worden sein muss. Wie die obige Arbeit zeigt, wird man dem Pearl-Fluss nur schlecht, eine schlechte Haltung vorwerfen können!
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Graptemys oculifera – Pracht-Höckerschildkröte