Rugiero L. & L. Luiselli (2006): Ecological modelling of habitat use and the annual activity patterns in an urban population of the tortoise, Testudo hermanni. – Italian Journal of Zoology 73(3): 219-225.
Die ökologische Modellierung der Habitatnutzung und die jahreszeitlichen Aktivitätsmuster einer urbanen Population von Landschildkröten, Testudo hermanni.
DOI: 10.1080/11250000600700086 ➚
Die Griechische Landschildkröte (Testudo hermanni) ist im westlichen Europa und in Italien aufgrund der Habitatverluste, Umweltverschmutzung und durch die illegale Entnahme von wild lebenden Tieren für den Tierhandel zunehmend gefährdet. Folglich stehen die Erhaltung und ein artgerechtes Management der verbliebenen Populationen außer Frage, wobei gerade die wenigen verbliebenen, isolierten Populationen (lokale Reliktpopulationen) besonders wichtig sind, die sich in städtischen Parkanlagen oder in stark vom Menschen veränderten Landschaften (Wohngebieten, Stadtränder) erhalten haben. Hier untersuchten wir zwischen März 2001 und Oktober 2005 eine urbane Population der Griechischen Landschildkröte in einem städtischen Grünbereich in Rom (Insugherata Natural Reserve) mit der Fang-Wiederfang-Methode. Ein räumlicher Modellierungsansatz (logistic regression, with forward stepwise addition model) wurde entwickelt, um die vermutlichen Landschaftseigenschaften (Habitateigenschaften) zu erfassen, die einen Einfluss auf die Vorkommenshäufigkeit bzw. die Abwesenheit für Schildkröten charakterisieren. Acht unterschiedliche Variablen wurden von diesem Modell berücksichtigt. Wir fanden, dass eine einzelne Variable (Büsche, z.B. mediterrane Trockenmacchia-ähnliche Vegetation) mit dem Vorkommen von Schildkröten positiv korreliert war, und eine war positiv korreliert mit dem Fehlen von Schildkröten, nämlich Ecotone (Ecotone ist ein Fachbegriff für eine Strauch/Gebüschvegetation, die nur auf sehr feuchten Böden auftritt z. B. Sumpf- bzw. Hochmoorvegetation). Die Schildkrötenaktivität zeigte signifikante Abweichungen von der Nullhypothese, die einem ganzjährig gleichbleibenden Aktivitätsmuster entsprechen würde, mit den höchsten Aktivitätsphasen im Mai-Juni und August und einer reduzierten Aktivität im März und April. Die Auswirkungen für das Erhaltungsmanagement werden diskutiert.
Kommentar von H.-J. Bidmon
Eine sehr schöne Studie, die zum einen auf die Grundbedürfnisse der Schildkröten bezüglich der Bodenqualitäten aufmerksam macht und die zum anderen wohl auch langfristig gute Einblicke in die Entwicklung solcher Reliktpopulationen geben könnte. Wollen wir hoffen, dass diese Veröffentlichung nicht dazu missbraucht wird, dass die illegalen Sammler nun ein neues Jagdgebiet genannt bekommen haben, in dem es sich lohnen könnte, kostenlose Urlaubsmitbringsel abzugreifen.