Price, E. R. (2017): The physiology of lipid storage and use in reptiles. – Biological Reviews 92(3): 1406-1426.
Die Physiologie der Speicherung und des Gebrauchs von Lipiden bei Reptilien.
DOI: 10.1111/brv.12288 ➚
Der Lipidmetabolismus spielt eine zentrale Rolle für das Verständnis des Fettstoffwechsels und damit für das Verständnis des Gesamtenergiehaushalts. Reptilien speichern die meiste Energie in Form von Lipiden und sie metabolisieren diese Lipide je nach Gebrauch um ihren Energiehaushalt aufrecht zu erhalten. Dabei investieren sie einen Großteil der Lipide in die Eier, da Lipide die Hauptenergiequelle für die Embryonalentwicklung darstellen. Hier liefere ich eine Übersicht über die Mechanismen die von den nicht zu den Vögeln zählenden Reptilien verwendet werden um Lipide zu transportieren und zu verbrauchen. Viele der Aspekte zur Lipidaufnahme, zum Transport und zur Speicherung gleichen denen bei Vögeln, dazu gehört die Lipidsynthese aus Glukose-haltigen Substraten in der Leber, der Transport von Triglyceriden in die Lipoproteine wie auch die Lipidspeicherung in Fettgewebe obwohl bei Reptilien das Fettgewebe fast nur im Abdomen oder im Schwanz liegt. Saisonale Veränderungen in den Fettspeichern legen nahe, dass bei den meisten Reptilien die Lipidspeicherung primär für die Reproduktion genutzt wird und nicht dazu da ist schlechte Zeiten in denen keine Nahrung aufgenommen werden kann zu überdauern. Deshalb können sich die Auswirkungen eines Nahrungsmangels (Diäts) bei Reptilien in Bezug auf die Plasmalipidmetabolite (Werte) wesentlich von denen bei Vögeln und Säugern unterscheiden, da Reptilien ihren gesamten Stoffwechsel während solcher Hungerphasen drastisch reduzieren können. Die Auswirkungen von Hungerphasen auf die Plasmaspiegel der Ketonkörper sind aber spezies-spezifisch: Die alpha—Hydroxybutyratkonzentration kann dabei während solcher Fastenzeiten ansteigen oder auch abfallen. Ich beschreibe hier auch die Vorgänge die dazu benutzt werden die meisten der Lipide während der sogenannten Vitellogenese in den Oozyten zu deponieren. Obwohl diese physiologischen Abläufe meistens für Reptilien als ein Vitellogenin-basierter Transport beschrieben werden findet nach neueren vergleichenden physiologischen, biochemischen und genetischen Nachweisen die Hauptlipideinlagerung in die Eier über Triglyceride die in Lipoproteine mit sehr niedriger Dichte (VLDLs) verpackt sind statt. Ich diskutiere hier auch die Beweise dafür, dass die nicht zu den Vögeln zählenden Reptilien Dotter-spezifische VLDL’s während der Vitellogenese synthetisieren. Die für die Physiologie wichtigen Stadien wie Nahrungsaufnahme, Hungern und Vitellogenese haben ganz unterschiedliche Auswirkungen auf die Plasmalipidmetabolite und ich diskutiere hier ausführlich die Möglichkeiten und die potentiellen Probleme die zu berücksichtigen sind wenn man Plasmalipidmetabolite als Diagnosekriterien zur Einschätzung des Ernährungszustands bei Reptilien nutzen möchte.
Kommentar von H.-J. Bidmon
Hierbei handelt es sich um eine wertvolle Übersichtsarbeit, die auch in Bezug auf die veterinärmedizinische Diagnostik von Belang sein dürfte. Sicher, es handelt sich um eine Übersicht bei Reptilien die als Teilaspekt auch Schildkröten berücksichtigt. Dennoch denke ich, dass diese Arbeit sehr hilfreiche Einblicke über die neueren ernährungsphysiologischen Erkenntnisse liefert. Dabei gilt es wohl auch zwei wesentliche Unterschiede im Hinterkopf zu behalten, denn eine Reihe dieser Erkenntnisse bezieht sich auf die karnivoren Spezies während die herbivoren Arten ja sowieso einen Großteil ihrer Lipide über die kurzkettigen Fettsäuren die deren Darmflora während der Enddarmfermentierung bildet aufnehmen. Letztere machen den eigentlichen Hauptteil der Nahrung dieser Arten aus. Dennoch auch bei ihnen können natürlich die Zucker sprich die glukosehaltigen Nahrungsbestandteile auch direkt aufgenommen werden und in der Leber in Triglyceride umgewandelt werden. Interessant bei dieser physiologsichen Übersicht ist auch, dass hier klar darauf verwiesen wird, dass bei Reptilien einschließlich der Schildkröten eben keine Speicherfettreserven für Notzeiten vorrangig gebildet werden. Hier gibt es sicher speziesspezifische Anpassungen wie die Lipidspeicherung in Leberzellen bei Arten die sehr ausgeprägte langanhaltende Ruhephasen haben wie Steppenschildkröten die sowohl eine Winter- wie auch eine Sommerruhe überstehen müssen. Insofern aber wieder ein klarer Hinweis darauf, dass Schildkröten eben auch ausreichend Nahrung während ihrer Aktivitätszeiten brauchen, da sie dann eben nicht auf Speicherfette zurückgreifen können, es sei denn, sie setzen als adulte mit der Reproduktion aus, was ja für einige Arten beschrieben ist (Siehe Litzgus et al., 2008) aber für die meisten bisher eben noch nicht, sodass nur Einzelbeobachtungen vorliegen. Letzteres würde aber zum Beispiel Jungtieren und Schlüpflingen nichts nutzen, da sie Lipide aus schon angelegten reifenden Eiern eben nicht rückresorbieren können. Letztere wären also allein auf den Nachschub über die Nahrung angewiesen und wie wir wissen hängt davon im Wesentlichen auch deren Immunabwehr ab. Dieser Umstand macht deutlich, dass wir Jungtieren eigentlich keinen Gefallen tun wenn wir sie während der Aktivitätsphasen „großhungern“ wollen, wie man das manchmal zu hören bekommt. Es ist für sie viel physiologischer sie ordentlich zu versorgen und sie lieber entsprechend lange unter möglichst normalen physiologischen Bedingungen ruhen zu lassen. Siehe auch Kuchling, (2006) und Kommentare zu Ritz et al.,(2009; 2012) oder Bidmon (2009).
Literatur
Bidmon, H.-J. (2009): Ernährungsgrundlagen und Darmpassagezeiten bei herbivoren Landschildkröten – oder wie selektierende Nahrungsgeneralisten auch unter extremen Bedingungen überleben: Eine Übersicht. – Schildkröten im Fokus 6(1): 3-26 ➚.
Kuchling, G. (2006): An ecophysiological approach to captive breeding of the swamp turtle Pseudemydura umbrina. In: Artner, H., Farkas, B. & V. Loehr (Eds.); Turtles: Proceedings of the International Turtle & tortoise Symposium, Vienna 2002. – Edition Chimaira 196-225 oder Abstract-Archiv.
Litzgus, J. D., F. Bolton & A. I. Schulte-Hostedde (2008): Reproductive output depends on body condition in spotted Turtles (Clemmys guttata). – Copeia 2008(1): 86-92 oder Abstract-Archiv.
Ritz, J., C. Hammer & M. Clauss (2009): Body size development of captive and free-ranging leopard tortoises (Geochelone pardalis). – Zoo Biology 29(4): 517-525 oder Abstract-Archiv.
Ritz, J., M. Clauss, W. J. Streich & M. Hatt (2012): Variation in Growth and Potentially Associated Health Status in Hermann’s and Spur-Thighed Tortoise (Testudo hermanni and Testudo graeca). – Zoo Biology 31(6): 705-717 oder Abstract-Archiv.