Landkarten-Höckerschildkröte, Graptemys geographica,– © Grégory Bulté

Otten - 2023 - 02

Otten, J. G., L. Williams & J. M. Refsnider (2023): Freshwater turtle populations as bioindicators following an oil spill: Delayed demographic changes reveal long-term impacts. – Ecological Indicators 154: 110519.

Süßwasserschildkrötenpopulationen als Bioindikatoren nach einer Ölkatastrophe: Verzögerte demographische Veränderungen verweisen auf Langzeitnachwirkungen.

DOI: 10.1016/j.ecolind.2023.110519 ➚

Landkarten-Höckerschildkröte, Graptemys geographica, – © Grégory Bulté
Landkarten-Höckerschildkröte,
Graptemys geographica,
© Grégory Bulté

Die chronischen Langzeiteinflüsse einer Ölkatastrophe auf Wildtiere übersteigen oft die Kurzzeitauswirkungen, die durch sehr augenscheinliches Massensterben und durch ölverschmutzte Individuen zu erkennen sind. Langlebige Arten mit spät eintretender Geschlechtsreife und niedrigen Zuwachsraten sind besonders bedroht durch Langzeitauswirkungen auf Populationsniveau, aber sie können dadurch auch als nützliche Bioindikatoren für die Ökosystemerholung fungieren. Im Jahr 2010 ereignete sich eine der größten Süßwasserölkatastrophen der USA im Kalamazoo-Fluss, MI wobei 3,2 Millionenliter Öl einen 56 km langen Flussabschnitt und die dortigen wildlebenden Lebewesen in Mitleidenschaft zog. Während der Reinigung und der Restaurierungsmaßnahmen von 2010-2011 wurden tausende nördliche Landkartenschildkröten (Graptemys geographica) gefangen, gereinigt und wieder ausgewildert. Von 2019-2020 also nach 9-10 Jahren fingen wir wieder nördliche Landkartenschildkröten und evaluierten die Veränderungen bei der Populationsgröße, der Demographie und bei den Größenklassen. Die populationsdemographischen Verschiebungen erfolgten schon in den ersten Jahren nach der Katastrophe bei einer Spezies, die ansonsten nur minimale demographische Verschiebungen unter normalen Umständen zeigt. Beim Vergleich der demographischen Parameter aus der Zeit der Ölkatastrophe mit denen die 10 Jahre danach erfasst werden konnten zeichnete sich eine um nahezu 30 %-ige Abnahme der Populationsgröße ab, die Körpergrößenverteilung hatte sich hin zu kleineren Größen sowohl bei den Männchen wie auch bei den Weibchen verschoben und es gab eine Verschiebung beim Geschlechterverhältnis zwischen 2011 und 2019. Es zeigten sich auch Anhaltspunkte dafür ab, dass es zu Zuwachsausfällen bei den Kohorten kam in Bezug auf die Individuen, die in den Jahren kurz vor der Ölkatastrophe geschlüpft waren und jenen die direkt nach der Katastrophe geschlüpft waren. Diese Befunde verdeutlichen, dass es über die direkt bei der Ölkatastrophe aufgetretenen Mortalitätsereignissen hinaus Abnahmen bei der Populationsgröße und Verschiebungen bei den Größenklassen der nördlichen Landkartenschildkröten gekommen war, die die negativen demographischen Langzeitauswirkungen der Katastrophe und der nachfolgenden Restaurierungsarbeiten belegen.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Siehe Otten et al., (2022) sowie Refsnider et al., (2023) und die dortigen Kommentare.

Literatur

Otten, J. G., L. Williams & J. M. Refsnider (2022): Survival outcomes of rehabilitated riverine turtles following a freshwater diluted bitumen oil spill. – Environmental Pollution 311: 119968 oder Abstract-Archiv.

Refsnider, J. M., N. Torres, J. C. Otten (2023): No Evidence of Long-Term Effects on Physiological Stress or Innate Immune Functioning in Northern Map Turtles a Decade After a Freshwater Oil Spill. – Herpetologica 79(1): 22-29 oder Abstract-Archiv.

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