Glattrückige Schlangenhalsschildkröte, Chelodina longicollis, – © Stefan Thierfeldt

Martinez - 2008 - 01

Martinez, P. A., T. Ezaz, N. Valenzuela, A. Georges & J. A. Graves (2008): An XX/XY heteromorphic sex chromosome system in the Australian chelid turtle Emydura macquarii: A new piece in the puzzle of sex chromosome evolution in turtles. – Chromosome Research 16(6): 815-825.

Ein XX/XY heteromorphes Geschlechtschromosomensystem bei der australischen Chelide Emydura macquarii: Ein neues Teil im Puzzle zur Evolution von Geschlechtschromosomen bei Schildkröten.

DOI: 10.1007/s10577-008-1228-4 ➚

 Emydura macquarii, – © Bruce C. Chessman
Breitrand-Spitzkopfschildkröte,
Emydura macquarii,
© Bruce C. Chessman

Eine chromosomale Geschlechtsbestimmung ist das vorherrschende System, das man bei Tieren findet, es ist aber bei Schildkröten ausgesprochen selten. Fakt ist, dass derzeit heteromorphe Geschlechtschromosomen nur bei sieben Schildkrötenarten, die eine Genotypische-Geschlechtsbestimmung (GSD) zeigen, gefunden wurden, wobei zwei Arten nur so genannte kryptische Geschlechtsmikrochromosomen besitzen, die sich nur unter Verwendung hochauflösender zytogenetischer Techniken nachweisen lassen. Geschlechtschromosomen konnten in früheren Studien für Emydura macquarii nicht nachgewiesen werden, obwohl es sich bei ihr um eine Schlangenhalsschildkröte mit GSD handelt. Unter Anwendung einer Methode, die als Vergleichende-Genomische-Hybridisierung (comparative genomic hybridization, CGH) bezeichnet wird und dem GTG-banding, konnte für E. macquarii ein heteromorphes XX/XY Geschlechtschromosomensystem nachgewiesen werden. Das Y-Chromosom ist submetazentrisch und etwas größer als das metazentrische X, was einen Erstnachweis innerhalb der Schildkröten darstellt. CGH lieferte den Nachweis für das Vorkommen einer männchen-spezifischen Chromosomenregion, die sich als Heteromorphie beim GTG-banding darstellt, wo sie begrenzt ist auf die Telomerenregion des P-Arms. Basierend auf unseren Beobachtungen und unter Berücksichtigung der derzeitigen Phylogenie der cheliden Schildkröten, stellen wir die Hypothese auf, dass die Geschlechtschromosomen von E. macquarii möglicherweise durch die Verlagerung eines von einem Vorfahren stammenden Y-Mikrochromosoms, wie es noch in der zur Schwesterklade gehörenden, Chelodina longicollis vorkommt, auf die Spitze eines Autosoms entstanden ist. Allerdings, im Hinblick auf das Fehlen von Daten von einer Außengruppe, ist theoretisch auch das Gegenteil vorstellbar (die Spaltung eines großen XY in ein Autosom und ein Mikro-XY). Alternativ könnten sich die Geschlechtschromosomensysteme von E. macquarii und C. longicollis unabhängig voneinander entwickelt haben. Wir diskutieren die möglichen Ursachen und Konsequenzen für diese vermuteten Chromosomenrearrangements innerhalb der Evolution von Geschlechtschromosomen und Systemen zur Geschlechtsfestlegung bei Schildkröten.

 Chelodina longicollis, – © Stefan Thierfeldt
Glattrückige Schlangenhalsschildkröte,
Chelodina longicollis,
© Stefan Thierfeldt

Kommentar von H.-J. Bidmon

Da es sich bei diesen Spezies mit Geschlechtsmikrochromosomen immer noch nur um Arten handelt, für die auch bislang schon eine genotypische Geschlechtsbestimmung nachgewiesen war, bleibt es fraglich ob die des Öfteren diskutierte Möglichkeit, dass auch TSD-Arten Geschlechtsmikrochromosomen besitzen könnten, fraglich.
Siehe auch Ezaz et al. (2006).

Literatur

Ezaz, T., N. Valenzuela, F. Grützner, I. Miura, A. Georges, R. L. Burke & J. A. Marshall Graves (2006): An XX/XY sex microchromosome system in a freshwater turtle, Chelodina longicollis (Testudines: Chelidae) with genetic sex determination. – Chromosome Research 14(2): 139-150 oder Abstract-Archiv.

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