Escoriza, D., S. Poch, A. Martínez-Silvestre, J. Budó, G. Pascual, A. Bertolero, M. Franch, J. Soler, R. Mascort, S. Garcia, Q. Pou, S. Rivaes, M. Campos, I. Pérez, E. Fanlo, D. Martínez, E. Cruset, A. Porcar, P. Sunyer-Sala, J. Ferrer-Morell, B. Bakhouche & D. Boix (2024): Alien turtles in Spain: Modeling a growing problem. – Management of Biological Invasions 15(1): 145-158.
Fremde Schildkröten in Spanien: Die Modellierung eines Problems.
In Spanien kommen vier einheimische Schildkrötenarten vor, von denen drei stark bedroht sind. Bei jüngsten Erhebungen wurden 25 gebietsfremde Schildkrötenarten festgestellt, von denen einige Brutpopulationen gebildet und die einheimischen Arten beeinträchtigt haben. In dieser Studie haben wir ökologische Nischenmodelle verwendet, um zu bewerten, welche Regionen für die Besiedlung durch gebietsfremde Schildkröten anfälliger sind und welche gebietsfremden Schildkrötenspezies erhebliche Umweltüberschneidungen mit einheimischen Arten aufweisen. Die Parameter der ökologischen Nischenmodelle wurden iterativ mithilfe von Akaike-Verfahren optimiert, und wir bewerteten die Übertragbarkeit der Projektionen zwischen geografischen Geber- und Empfängerregionen mithilfe der mobilitätsorientierten Paritätsschätzung. Unsere Ergebnisse zeigten, dass das Mittelmeer und einige atlantische Flüsse (Mino-Sil und Guadalquivir) besonders anfällig für die Besiedlung durch semiaquatische gebietsfremde Schildkröten sind, während der Südwesten Spaniens der Besiedlung durch gebietsfremde Schildkröten ausgesetzt ist. Die aquatischen Arten, bei denen es am ehesten zu Überschneidungen mit den vier einheimischen Schildkrötenarten kommt, sind in den kalten und warmen gemäßigten Regionen Nordamerikas und Chinas beheimatet: Apalone spinifera, Chelydra serpentina, Chrysemys picta, Mauremys mutica, Mauremys reevesii, Mauremys sinensis, Pelodiscus sinensis, Sternotherus odoratus, und Trachemys scripta. Diese Ergebnisse machen deutlich, wie wichtig es ist, strengere Handelsvorschriften für bestimmte Arten einzuführen und dabei den Schwerpunkt auf den Schutz gefährdeter Gebiete zu legen.
Kommentar von H.-J. Bidmon
Hier handelt es wieder einmal um eine Modellierungsstudie zur Vorhersage von geografischen Regionen, in denen sich invasive Schildkrötenarten besonders gut ansiedeln können. Allerdings wie die Arbeit auch belegt, sind diese invasiven Arten längst in Spanien angekommen und einige reproduzieren sich auch schon. Insofern wieder ein weiteres Beispiel für Etablierung von weltweiten Metapopulationen. Ob diese noch durch eine derzeitige Verschärfung der Handels- und Einfuhrbestimmungen rückgängig gemacht werden können, bleibt mehr als fraglich (Bidmon, 2024). Denn solche Studien waren ja nur davor noch Schlimmeres zu verhindern oder zu minimieren. Sie beschreiben aber kaum praktikable Methoden, wie diese schon stattgefundenen Invasionen rückgängig gemacht werden können, ohne auch weitere Schäden für die einheimischen Arten zu implementieren. Ja, und vor allem liefern sie keine Antworten darauf, warum die einheimischen Arten, mit wenigen Ausnahmen (siehe Franch et al., 2015; El Hassani et al., 2019) meist von drastischen Populationsrückgängen betroffen sind. Natürlich könnte man auch die Frage stellen, welche Ursachen dafür verantwortlich sind, dass die Iberische Halbinsel heute schon unter massiver Dürre leidet und wie eine solche Modellierung für welche der Spezies wie aussieht, wenn die von Murali et al., (2023) prognostizierten Klimaveränderungen weiter so fortschreiten?
Literatur
Bidmon, H.-J. (2024): Commercially assisted migration – Invasive species and their future in a globalized world: A perspective – Artikel-Archiv.
El Hassani, M. S., E. M. El Hassan, T. Slimani & X. Bonnet (2019): Morphological and physiological assessments reveal that freshwater turtle (Mauremys leprosa) can flourish under extremely degraded-polluted conditions. – Chemosphere 220: 432-441 oder Abstract-Archiv.
Franch, M., A. Montori, N. Sillero & G. A. Llorente (2015): Temporal analysis of Mauremys leprosa (Testudines, Geoemydidae) distribution in northeastern Iberia: unusual increase in the distribution of a native species. – Hydrobiologia 757: 129-142 oder Abstract-Archiv.
Murali, G., T. Iwamura, S. Meiri & U.Roll (2023): Future temperature extremes threaten land vertebrates . – Nature 615(7952): 461-467 oder Abstract-Archiv.