Eastwood, N., J. Zhou, R. Derelle, M. A.-E. Abdallah, W. A. Stubbings, Y. Jia, S. E. Crawford, T. A. Davidson, J. K. Colbourne, S. Creer, H. Bik, H. Hollert & L. Orsini (2023): 100 years of anthropogenic impact causes changes in freshwater functional biodiversity. – eLife 12: RP86576.
100 Jahre an anthropogener Einflussnahme führen zu Veränderungen bei der funktionellen Biodiversität bei Süßgewässern.
Trotz der Anstrengungen von Wissenschaftlern und Managern nimmt die Biodiversität mit alarmierender Geschwindigkeit ab. Solange wir keine transformativen Lösungen für den Erhalt der Biodiverstät finden, werden die zukünftigen Generationen die natürlichen Ressourcen nicht mehr erleben und deren Dienste für die Gesellschaft erfahren können. Wir entwickelten ein konzeptionelles Rahmenwerk, welches die Verletzungen zwischen Biodiversitätsdynamiken und abiotischen Veränderungen über Zeit und Raum mittels artifizieller Intelligenz analysiert. Hier nutzten wir dieses Rahmenwerk, um ein Süßwasserökosystem mit seiner historisch belegten Einflussnahme durch den Menschen zu analysieren wobei wir 100 Jahre an Biodiversität auf dem Niveau der Lebensgemeinschaften, dem Klimawandel und den Trends bei der chemischen Belastung simulierten. Wir wendeten dazu erklärende Netzwerkmodelle mit multimodalen Lerneigenschaften zur Evaluierung der funktionellen Biodiversität der Lebensgemeinschaften gemessen mit dem System von multilokalen Barcodes, um damit Beziehungen zwischen Bioindices und den Klimaaufzeichnungen darzustellen. Wir beobachteten, dass sich die Zusammensetzung der Süßwasserlebensgemeinschaft und deren Funktionalität mit der Zeit veränderten, ohne dabei zu ihrem Ursprungszustand zurückzukehren, obwohl der See sich zum Teil in jüngster Zeit erholt hatte. Insektizide und Fungizide in Kombination mit extremen Temperaturereignissen und Niederschlägen erklärten dabei bis zu 90 % der funktionellen Veränderungen bei der Biodiversität. Dieser auf Lebensgemeinschaften basierte Biodiversitätsuntersuchungsansatz erklärte zuverlässig die Veränderungen in diesem Süßwasserökosystem. Die Veränderungen traten nicht zu Tage, wenn zur Untersuchung die traditionellen Qualitätsindizes (z. B. den trophischen Diatomindex) heranzogen werden. Unsere Studie favorisiert den Einsatz dieses systemischen Hochdurchsatzansatzes für Langzeittrends, der auf einer speziesfokussierten ökologischen Erfassung zur Identifizierung der Umweltfaktoren beruht, die die Ursache für den Biodiversitätsverlust und die Störung Ökosystemfunktion darstellen.
Kommentar von H.-J. Bidmon
Diese Arbeit bietet einen guten Ansatz dafür wie wir mittels künstlicher Intelligenz und vielleicht auch noch unter Zuhilfenahme der Rechenleistung von Quantencomputern solche komplexen Zusammenhänge wie jene in einem Ökosystem zu analysieren. Allerdings was uns diese Studie auch schon zeigt, dass Biodiversitätsverluste und Ökosystemstörungen kaum so wiederherstellen lassen wie einmal ursprünglich waren, denn wenn bestimmte Arten verlorengegangen oder gar ganz ausgestorben sind, sind sie unwiederbringlich verloren und mit ihnen auch die Funktionen, die sie im System hatten. Sicherlich hat dieser Planet etliche solcher Veränderungen in den verschiedensten Lokalitäten schon mehrfach durchlaufen und es haben sich – soweit wir das wissen – neue Ökosysteme entwickelt, aber dazu brauchte es Zeit und es führte zwangsläufig zu Veränderungen. Wir wollen aber meist etwas erhalten, weil wir meist so weiterleben und wirtschaften wollen, wie wir es gewohnt sind. Letzteres wird es aber nicht geben und neue Generationen müssen sich verändern. Das sehen wir heute schon an einigen eindrucksvollen Veränderungen, denn in China gibt es heute schon ganze Regionen wo beim Obstanbau so viele Pestizide eingesetzt wurden, dass es keine die Blüten bestäubenden Insekten mehr gibt und diese Bestäubung von Menschenhand geleistet werden muss. Ich denke europäische Landwirte und deren Verbandsvertreter sollten auch ohne die Rechenleistung von Quantencomputern in der Lage sein zu berechnen welche Mehrkosten bei den heutigen Mindestlöhnen hierzulande auf sie zukommen würden und wieviel mehr an Einwanderung wir bräuchten, um diese zusätzliche Arbeitsleistung zu erbringen. Sicher könnte man das Problem auch maschinell und rechnerbasiert lösen, aber auch das würde Mehrkosten verursachen.