Arrauschildkröte, Podocnemis expansa, ein Schlüpfling – © Camila R. Ferrara

Willis - 2015 - 01

Willis, K. L. (2015): Underwater Hearing in Turtles. – Advancesin Experimental Medicine and Biology 875(1): 1229-1235.

Die Unterwasserhörfähigkeit von Schildkröten.

DOI: 10.1007/978-1-4939-2981-8_154 ➚

Arrauschildkröte, Podocnemis expansa, – © Mario Herz
Arrauschildkröte,
Podocnemis expansa,
ein Schlüpfling
© Mario Herz

Im Vergleich mit anderen Reptilien ist das Hörvermögen von Schildkröten nur wenig untersucht. Obwohl die Mechanismen der Schallweiterleitung und Übersetzung in Nervenimpulse mittels der so genannten Haarzellen detailliert beschrieben sind, blieb der Rest des auditorischen Systems (Hörsinn) weitestgehend unbekannt. Was bislang bekannt wurde zeigte, dass Schildkröten höhere Hörschwellenwerte aufweisen als andere Reptilien mit optimalen Frequenzen, die um die 500 Hz betragen. Ihre Hörschwellenwerte für das Unterwasserhören liegen niedriger als für Luft, was auf die Resonanz der Mittelohrhöhle zurückzuführen ist. Weitere Studien zeigten, dass Wasserschildkröten aus allen Familien sowie alle Landschildkröten eine vergleichbare Morphologie des Mittelohres aufweisen, mit Abmessungen, die bestens für das Unterwasserhören geeignet sein sollten. Letzteres würde eigentlich für eine aquatische Entstehung dieser Tiergruppe sprechen. Da Wasserschildkröten am besten unter Wasser hören, würde es Sinn ergeben zu untersuchen, wie sie durch vom Menschen verursachte Unterwassergeräusche (Schallsmog) beeinträchtigt werden. Allerdings sind solche Untersuchungen aufgrund des Fehlens von Grundlagenkenntnissen schwer planbar, da nur für wenige Arten publizierte Audiogramme verfügbar sind. Ebenso gibt es diesbezüglich so gut wie keine Verhaltensdaten (was verständlich ist, da die Tiere schwer zu trainieren sind). Letztendlich gibt es nur sehr wenige Studien die zeigen, welche der Laute überhaupt für die Tiere verhaltensmäßig von Bedeutung sind. Und nur eine einzige Studie belegt, dass für die australische Schlangenhalsschildkröte (Chelodina oblonga) auch ein vokales Repertoire für die Überwasser- (Hören in Luft) und Unterwasserkommunikation existiert. Erkenntnisse wie diese legen nahe, dass es in Bezug auf das Hörvermögen bei Wasserschildkröten wesentlich mehr zu entdecken gibt als bislang bekannt geworden ist.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Eine interessante Feststellung, dass selbst Landschildkröten einen Mittelohraufbau zeigen der für die Schallwahrnehmung unter Wasser optimiert sein soll. Zu der von diesen Forschern aufgeworfenen Frage denke ich, das sowohl Chelodina oblonga (siehe Giles et al. 2009) und insbesondere die auf ihr Verhalten hin untersuchten Podocnemis (Ferrara et al. 2013, 2014), die ihren Nachwuchs zu führen scheinen, gute Kandidaten wären um verhaltensrelevante Hörparameter in vivo zu untersuchen.

Literatur

Ferrara, C. R., R. C. Vogt & R. S. Sousa-Lima (2013): Turtle Vocalizations as the First Evidence of Posthatching Parental Care in Chelonians. – Journal of Comparative Psychology 127(1): 24-32 oder Abstract-Archiv.

Ferrara, C. R., R. C. Vogt, R. S. Sousa-Lima, B. M. R. Tardio, & V. C. Diniz Bernardes (2014): Sound communication and social behavior in an Amazonian river turtle (Podocnemis expansa). – Herpetologica 70(2): 149-156 oder Abstract-Archiv.

Giles, J. C., J. A. Davis, R. D. McCauley & G. Kuchling (2009): Voice of the turtle: the underwater acoustic repertoire of the long-necked freshwater turtle, Chelodina oblonga. – The Journal of the Acoustical Society of America 126(1): 434-443 oder Abstract-Archiv.

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