Kahrl, A.F. & R. M. Cox (2015): Diet affects ejaculate traits in a lizard with condition-dependent fertilization success. – Behavorial Ecology 26(6): 1502-1511.
Die Auswirkung der Nahrung auf die Ejakulateigenschaften bei Echsen mit konditionsabhängigem Befruchtungserfolg.
Selektierte geschlechtsabhängige Eigenschaften werden oft bis auf kostspielige Extreme ausgeweitet, da sie einem anhaltenden gerichteten Selektionsdruck unterliegen. Somit kann die Energieaufnahme und deren Aufteilung im Organismus die Variation in Bezug zu den Eigenschaften beeinflussen und diese Eigenschaften können wiederum einer präkopulatorischen und/oder einer postkopulatorischen Selektion unterliegen, wobei es zur letzteren weit weniger Untersuchungen gibt. Wir untersuchten hier die konditionsabhänge Morphologie der Spermien, die Spermienanzahl und deren Befruchtungserfolg bei einer Echsenspezies mit promiskuitiver Geschlechtspartnerwahl (Anolis sagrei). Dabei sammelten wir zum einen Sperma von wildlebenden Männchen, die sich in ihrer Körperkondition unterschieden, und zum zweiten untersuchten wir Männchen in der Tierhaltung, bei denen die Körperkondition durch Futterbeschränkung verändert wurde. Und zum dritten analysierten wir die Vaterschaftsdaten infolge kompetitiver Verpaarungen zwischen den Männchen aus der Tierhaltung, die unterschiedliche Körperkonditionen aufwiesen. Sowohl bei wildlebenden wie in Gefangenschaft gehaltenen Männchen verkürzte sich das Mittelstück der Spermien mit abnehmender Körperkondition. Die experimentelle Nahrungsbeschränkung verringerte die Spermaproduktion und führte zur Verkürzung der Spermienköpfe sowie zu einer Verlängerung des Spermienmittelstücks. Es stellte sich insgesamt eine größere Variabilität bei der Spermienmorphologie zwischen den Individuen ein. Wenn man die Paarungen auf eine einzige Kopulation beschränkte, zeigten die Männchen mit optimaler Ernährung eine leicht aber nicht signifikant erhöhte Befruchtungsrate. Die Analyse von vorausgehenden Experimenten mit Männchen mit hoher oder niedriger Körperkondition, die mit den Weibchen in sequentieller Reihenfolge so oft wie sie wollten eine Woche lang kopulieren konnten zeigten, dass der Befruchtungserfolg signifikant zugunsten der optimal ernährten Männchen ausfiel. Wenn wir die Experimente in Bezug auf die Behandlungsauswirkungen auf das Sperma kontrolliert auswerteten zeigte sich, dass es zu negativen Korrelationen zwischen der Anzahl der befruchteten Schlüpflinge und den Spermaphänotypen kam, wobei die multiple Regressionsanalyse belegte, dass der Befruchtungserfolg in Abhängigkeit zur Spermienkopflänge, Mittelstücklänge und Spermienmenge sank. Zusammenfassend zeigen unsere Ergebnisse, dass der konditionsabhängige Befruchtungserfolg bei A. sagrei zum Teil durch die konditionsbedingten Veränderungen in der Spermienmorphologie und der Spermienmenge verursacht werden.
Kommentar von H.-J. Bidmon
Dies ist nun mal wieder eine Arbeit, die gar nichts mit Schildkröten zu tun hat, aber dennoch eine interessante Thematik für Reptilien adressiert, die nur selten in Betracht gezogen wird. Für Schildkröten gibt es ja nun einige wenige Arbeiten, die zumindest für die Weibchen belegen, wie sich die Ernährung bzw. die Körperkondition auf die Reproduktion auswirkt (siehe z. B. Craven et al. 2008). Allerdings ist das Gegenstück nämlich die Frage, wie sich solche ressourcenabhängige oder haltungsbedingte Parameter auf die reproduktive Leistungsfähigkeit der Männchen auswirkt völlig unerschlossen. Wie die obige Arbeit aber zeigt, muss man eigentlich auch bei Reptilien davon ausgehen, dass diese Faktoren sich auf den Reproduktionserfolg und in Extremfällen wohl auch Misserfolg der männlichen Partner auswirken. Ich denke jeder von uns kann sich selbst ausmahlen, wie sich Nahrungsrestriktion und haltungsbedingte Stressfaktoren negativ auf das Reproduktionsvermögen von männlichen Schildkröten der unterschiedlichsten Arten auswirken können. Insofern halte ich diese Arbeit durchaus dazu geeignet, unser Augenmerk auch etwas mehr auf die Unterbringung und Versorgung der Männchen zu richten, wenn es darum geht entsprechende Nachzuchterfolge zu erzielen (siehe dazu auch Tracy et al. 2006).
Literatur
Craven, K. S., J. Parsons, S. A. Taylor, C. N. Belcher & D. W. Owens (2008): The influence of diet on fatty acids in the egg yolk of green sea turtles, Chelonia mydas – Journal of Comparative Physiology B – Biochemical Systemic and Environmental Physiology 178(49): 495-500 oder Abstract-Archiv.
Litzgus, J. D., F. Bolton & A. I. Schulte-Hostedde (2008): Reproductive output depends on body condition in spotted Turtles (Clemmys guttata). – Copeia 2008(1): 86-92 oder Abstract-Archiv.
Tracy, C. R., K. E. Nussear, T. C. Esque, K. Dean-Bradley, C. R. Tracy, L. A. DeFalco, K. T. Castle, L. C. Zimmerman, R. E. Espinoza & A. M. Barber (2006): The importance of physiological ecology in conservation biology. – Integrative and Comparative Biology 46(6): 1191-1205 oder Abstract-Archiv.