Gao, Y. C., Y. F. Wei, D. N. Cao, Y. Ge & S. P. Gong (2021): Transcriptome analysis reveals decreased immunity under heat stress in Mauremys mutica. – Aquaculture 531: 735894.
Eine Transkriptomanalyse verweist auf eine Abnahme bei der Immunabwehr unter Hitzestress bei Mauremys mutica.
DOI: 10.1016/j.aquaculture.2020.735894 ➚
Bei der Gelben Sumpfschildkröte, Mauremys mutica, handelt es sich um eine ökonomisch wichtige Art für die Aquakultur und sie wird in China sehr häufig kultiviert da sie ein wichtiges Nahrungsmittel und neben der Rolle als populäres Haustier ein wichtiger Bestandteil der traditionellen chinesischen Medizin ist. Allerdings erweist sich M. mutica als sehr intolerant gegenüber Hitzestress, wobei es gelegentlich zu hohen Ausfällen kommt die durch Infektionskrankheiten während des späten Frühjahrs und frühen Sommers auftreten, wenn relativ häufig Phasen mit höheren Temperaturen auftreten. Diese führen auch dazu, dass sich verschiedenste Krankheitserreger rasch vermehren. In dieser Studie führten wir vergleichende Transkriptomanalysen bei M. mutica durch die sich in Folge von andauernden Hitzestress ergeben (3 h, 9 h, 24 h und 48 h) bei 32 °C. Im Vergleich zu den Kontrollgruppen die bei 28 °C gehalten worden waren zeigten sich bei insgesamt 813, 1488, 1856 und 2001 hitzebedingte, differenziell verändert exprimierte Gene (DEGs) für die jeweiligen vier für verschiedene Zeiten unter Hitzestress leidenden Schildkröten. Letzteres zeigt, dass Hitzestress einen signifikanten Einfluss auf die Genexpression bei M. mutica hat und dass der Grad des Einflusses eine graduelle Zunahme im Zuge der Hitzestressdauer aufweist. Interessant dabei war, dass die mit der Immunität - assoziierten Genkategorien für die Komplement- und die Koagulationskaskaderegulationswege in einzigartiger Weise in den letzten drei Hitzestressgruppen (9 h, 24 h und 48 h) angereichert auftraten und alle DEGs (z. B. C3, C4, C6, C7, C8, C9 und MASP1/2) innerhalb dieser Regulationswege eine Herunterregulation mit Zunahme der Hitzestressdauer aufwiesen. Letzteres deutet an, dass die Immunabwehr mit zunehmender Dauer der Hitzeeinwirkung kontinuierlich abnimmt. Diese Beobachtungen verweisen auf einen potentiellen Zusammenbruch und eine Fehlfunktion der Immunabwehr unter Hitzestress die sehr wahrscheinlich einen wesentlichen Beitrag zu den Massensterben von M. mutica während des späten Frühjahrs und frühen Sommers leisten. Diese Studie liefert daher neue Einblicke in die molekularen Mechanismen die diesen Mortalitätsereignissen bei M. mutica zugrunde liegen und sie verweisen auf hilfreiche effektive Strategien um die durch Hitzestress verursachten Ausfälle zu minimieren.
Kommentar von H.-J. Bidmon
Diese Arbeit wurde natürlich in erster Linie dazu durchgeführt, um die ökonomische Zucht und Nutzung dieser Schildkrötenart zu unterstützen. Dennoch liefert sie uns auch grundlegende Einblicke für die Schildkrötenhaltung und zwar nicht nur für Wasserschildkröten. Grundsätzlich sollten wir uns davon verabschieden den früheren Haltungsangaben in denen häufig eigentlich exorbitant hohe Haltungstemperaturen angepriesen wurden zu glauben. Denn wir müssen zunehmend erkennen, dass auch unterschiedliche Schildkrötenarten an unterschiedliche artspezifische Optimaltemperaturen angepasst sind. Dabei zeigt sich zwar, dass ein Gro der mediterranen und tropischen Arten eine Körpertemperatur von etwa 27-30 °C anstreben (Ewert et al., 2004; Rodrigues et al., 2018; Butterfield et al., 2021 und die dort angeführte Literatur) und es meist nur wenige Arten gibt die entweder auf niedrigere (Lin et al., 2020; Molina & Leynaud, 2017; Shelmidine et al., 2016) und in einigen Fällen auch mal auf etwas höhere (Baxter et al., 2008) Temperaturen angepasst sind. Insofern sollte man sich am besten bei der Haltung, wenn bekannt, als Faustregel nach den Pivotaltemperaturen für die jeweilige Spezies richten, sprich den optimalen Inkubationstemperaturen bei denen ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis schlüpft!
Literatur
Baxter, P. C., D. S. Wilson & D. J. Morafka (2008): Effects of nest date and placement of eggs in burrows on sex ratios and potential survival of hatchling desert tortoises, Gopherus agassizii. – Chelonian Conservation and Biology 7(1): 52-59 oder Abstract-Archiv.
Butterfield, T. G., F. García-Caballero, A. Domínguez-Pompa – R. Macip-Ríos (2021): A First Look into the Natural History of the Sierra Box Turtle (Terrapene nelsoni klauberi) in Southeast Sonora, Mexico. – Chelonian Conservation and Biology 20(1): 82-90 oder Abstract-Archiv.
Chandler, H. C., B. S. Stegenga & D. J. Stevenson (2020): Thermal Ecology of Spotted Turtles (Clemmys guttata) in Two Southern Populations. – Acta Zoologica Bulgarica 70(4): 571-581 oder Abstract-Archiv.
Ewert, M. A., R. E. Hatcher & J. M. Goode (2004): Sex determination and ontogeny in Malacochersus tornieri, the pancake tortoise. – Journal of Herpetology 38(2): 291-295 oder Abstract-Archiv.
Lin, L., Q. Hu, J. J. Fong, J. Yang, Z. Chen, F. Zhou, J. Wang, F. Xiao & H. Shi (2018): Reproductive ecology of the endangered Beal's-eyed turtle, Sacalia bealei. – PeerJ 6: e4997 oder Abstract-Archiv.
Molina, F. J. & G. C. Leynaud (2017): Thermoconformity strategy in the freshwater turtle Hydromedusa tectifera (Testudines, Chelidae) in its southern distribution area. – Journal of Thermal Biology 69: 178-183 oder Abstract-Archiv.
Rodrigues, J. F. M., F. Villalobos, J. B. Iverson & J. A. F. Diniz-Filho (2018): Climatic niche evolution in turtles is characterized by phylogenetic conservatism for both aquatic and terrestrial species. – Journal of Evolutionary Biology 32(1): 66-75 oder Abstract-Archiv.
Shelmidine, N., B. Murphy & K. Massarone (2016): Husbandry and probagation of the Chiniese big-headed turtle (Platysternon megacephalum) at the wildlife conservation society’s Prospect Park. – Zoo Biology 35(2): 174-179 oder Abstract-Archiv.