Tropfenschildkröte, Clemmys guttata, – © Eric B. Liebgold

Chaudhry - 2023 - 01

Chaudhry, E. A., T. S. Ransom, C. J. Bradley & E. B. Liebgold (2023): Habitat Usage, Dietary Niche Overlap, and Potential Partitioning between the Endangered Spotted Turtle (Clemmys guttata) and Other Turtle Species. – Ichthyology & Herpetology 111(1): 20-28.

Habitatnutzung, Nahrungsnischenüberlappung und die potentielle Nahrungsressourcenaufteilung zwischen der gefährdeten Tropfenschildkröte (Clemmys guttata) und anderen Schildkrötenspezies.

DOI: 10.1643/h2021134 ➚

Tropfenschildkröte, Clemmys guttata, – © Hans-Jürgen Bidmon
Tropfenschildkröte,
Clemmys guttata,
© Hans-Jürgen Bidmon

Einleitung
Habiatverluste und Zerstörungen betreffen insbesondere isolierte Populationen und verändern die Intensität von interspezifischen Interaktionen, wobei letzteres besonders relevant für die Spezies werden kann, wenn unter Schutz gestellte Arten mit anderen weniger bedrohten Spezies koexistieren. Wir untersuchten hier die Habitatpräferenzen und die interspezifische Konkurrenz um Ressourcen bei der bedrohten Tropfenschildkröte (Clemmys guttata). Für die Habitatdaten wurden Wasserqualitätsmessungen einmal während jeder der Fangaktionen durchgeführt, wohingegen die Baumkronenbedeckung und die Vegetationsdaten einmal pro Feldsaison dokumentiert wurden. Ebenso untersuchten wir die Nischenüberlappung bei den verfügbaren Habitat- und Nahrungsressourcen zwischen C. guttata und den mehr allgemein verbreiteten anderen Schildkrötenspezies. Unsere Daten zeigten, dass die Abundanz bei C. guttata negativ mit der im Wasser gelösten Sauerstoffmenge und den pH-Wert korreliert ist, wohingegen eine positive Korrelation mit der Gewässertiefe und der Baumkronenbedeckung festzustellen war. Die Untersuchung der Nischenüberlappung zeigte, dass die Vorkommen von Schlammschildkröten (Kinosternon subrubrum) und Zierschildkröten (Chrysemys picta), negativ mit der Vorkommenshäufigkeit von C. guttata korreliert waren aber es bestand keine Korrelation in Bezug zum Vorkommen von Schnappschildkröten und das obwohl es Unterschiede in Bezug auf die Charakteristiken der von der jeweiligen Art genutzten Wasserkörper gab. Wir verwendeten eine Strukturelle-Gleichungsmodellierung um besser herauszuarbeiten und zu verstehen wie C. guttata und die anderen Schildkrötenspezies dabei direkt interagieren oder ob die Beobachtungen einfach nur aufgrund von Umwelteinflüssen zustande kommen. Wir benutzten anschließend die Stabile-Isotopenanalyse um zu vergleichen welche Gemeinsamkeiten in Bezug zu den delta C-13 und delta N-15 Isotopen bestehen, die ja als Anhaltspunkte für eine Nahrungsnischenüberschneidung zwischen C. guttata mit den anderen Schildkröten angesehen werden und wir fanden dabei, dass letztendlich alle Schildkrötenarten ein vergleichbares breites Nahrungsspektrum nutzten. Die inverse Beziehung die sich zwischen der Abundanz von C. guttata und jener der anderen Spezies zeigte, gepaart mit der beobachteten räumlichen Nahrungsnischenüberlappung lässt vermuten, dass diese potentiellen Interaktionen mit den anderen Arten einen negativen Einfluss auf die Vorkommenshäufigkeit von C. guttata innerhalb der Schildkrötengemeinschaften entlang der atlantischen Küstenebenen haben können. Die Ergebnisse dieser Studie heben hervor, dass das Erhaltungsmanagement notwendigerweise berücksichtigen muss, dass die zu erhaltenden Arten auch mit weniger schützenswerten Arten koexistieren insbesondere dann, wenn Habitatverluste dazu führen, dass sich die Breite der verfügbaren Habitate verringert.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Nun der letzte Satz dieses Abstract ist wohl wieder eine Erkenntnis die allgemeiner kaum sein kann, denn die Wahrscheinlichkeit, dass sich Habitatbeschneidungen vielleicht auf die am stärksten gefährde Art negativer auswirken können als auf die Arten die ohnehin noch häufiger vorkommen erscheint einleuchtend. Letzteres beantwortet aber in keinster Weise warum hier gerade C. guttata die am stärksten gefährde Art ist, obwohl sie wie die anderen Arten auch auf die gleichen Nahrungsressourcen zurückgreifen kann. Wird C. guttata dabei mehr durch die Veränderungen bei der Wasserqualität (Sauerstofflöslichkeit; pH-Wert) und zunehmende Abholzung (abnehmende Baumkronenbedeckung) bedroht als die anderen Spezies? Letzteres würde aber dann ganz andere Prioritätensetzungen beim Arterhaltungsmanagement erfordern, als nur die Berücksichtigung des gleichzeitigen Vorkommens anderer Schildkrötenspezies. Insofern könnte man höchstens sagen, dass die am empfindlichsten auf Umweltveränderungen reagierende Art jene ist die uns anzeigt, dass sich schon etwas in der Umwelt oder Umweltnutzung und Wasserbelastung verändert hat das irgendwann auch die anderen Arten, eben nur später, betreffen würde. Ja und damit haben wir auch wieder den Verlauf vor Augen der wohl weltweit dazu führte, dass weit mehr als die Hälfte aller Schildkrötenarten als bedroht oder gefährdet gelten. Sicherlich trägt auch das Absammeln von Tieren zum Populationsrückgang bei, aber wenn wir wie ich meine mal vorurteilsfrei auf die Lage blicken müssen wir eigentlich zugeben, dass die wirklichen Ausrottungsursachen durch viel weitergreifende, menschengemachte Umweltveränderungen verursacht werden. Letzteres ist dann ja auch meist der Grund dafür, dass sich im Gegensatz zu früher auch durch andere Vorkommnisse mal geschwächte Populationen meist nicht mehr erholen können. Siehe dazu auch Bidmon, (2017), Lee et al., (2019); Mullin et al. (2020) sowie auch Roberts et al., (2023) und die dortigen Kommentare.

Literatur

Bidmon, H.-J. (2017): Kommentar zu: Warwick, C., A. Pliny,  M. Jessop, E. Nicholas, P. Arena & A. Lambiris (2017): Future of keeping pet reptiles and amphibians: animal welfare and public health perspective. Veterinary Record 181(17): 454-455 oder Abstract-Archiv.

Lee, Y. J.-W. Lin, S.-P. Tseng, T.-S. Chen & S.-M. Lin (2019): Human disturbance as a possible cause of genetic introgression from exotic into native Mauremys turtles. – Animal Conservation 22(6): 556-567 oder Abstract-Archiv.

Mullin, D., R. C. White, A. M. Lentini, R. J. Brooks, K. R. Beriault & J. D. Litzgus (2020): Predation and disease limit population recovery following 15 years of headstarting an endangered freshwater turtle. – Biological Conservation 245: 108496 oder Abstract-Archiv.

Roberts, H. P., L. L. Willey, M. T. Jones, T. S. B. Akre, D. I. King, J. Kleopfer, D. J. Brown, S. W. Buchanan, H. C. Chandler, P. deMaynadier, M. Winters, L. Erb, K. D. Gipe, G. Johnson, K. Lauer, E. B. Liebgold, J. D. Mays, J. R. Meck, J. Megyesy, J. L. Mota, N. H. Nazdrowicz, K. J. Oxenrider, M. Parren, T. S. Ransom, L. Rohrbaugh, S. Smith, D. Yorks & B. Zarate (2023): Is the future female for turtles? Climate change and wetland configuration predict sex ratios of a freshwater species. – Global Change Biology 29(10): 2643-2654 oder Abstract-Archiv.

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