Galapagos-Riesenschildkröte, Chelonoidis nigra, wird mit einem Apfel aus der Unterkunft gelockt – © Hans-Jürgen Bidmon

Aguilera - 2023 - 01

Aguilera, W. T. & J. P. Gibbs (2023): Rewilding giant tortoises engineers plant communities at local to landscape scales. – Conservation Letters 16(4): e12968.

Die Auswilderung von Riesenschildkröten gestaltet die Pflanzengemeinschaften auf einer lokalen Landschaftsskala.

DOI: 10.1111/conl.12968 ➚

Galapagos-Riesenschildkröte, Chelonoidis nigra, – © Hans-Jürgen Bidmon
Galápagos-Riesenschildkröte,
Chelonoidis nigra, wird mit einem Apfel
aus der Unterkunft gelockt
© Hans-Jürgen Bidmon

Das Verfahren der Trophischen-Auswilderung wird zunehmend genutzt, um Megafauna wieder in Inselökosysteme einzuführen, aber bis jetzt sind die Reaktionen der Ökosysteme auf diese Populationsrestaurierungsmaßnahmen nach der Einfuhr der Megafauna kaum untersucht. In dieser Studie untersuchten wir die Auswirkungen einer Auswilderung von Galapagos-Riesenschildkröten auf einer ariden Insel, wobei wir Bereiche, aus denen die Schildkröten ausgeschlossen waren, über acht Jahre überwachten und feststellten, dass dort wo die Schildkröten Zugang hatten sich die Anzahl an Kräutern und aufkeimenden verholzenden Sträuchern verringerte, wohingegen die Anzahl an Grasflächen zunahm. Die Erfassung der Vegetation über eine 15-jährige Periode hinweg über die gesamte Insel zeigte, dass 1-2 Landschildkröten pro Hektar ausreichten, um das Aufwachsen von verholzenden Pflanzen zu verhindern und damit eine Veränderung hin zu einem savannenähnlichen Ökosystem mit wesentlich mehr Gräsern zu fördern. Die Restaurationsmaßnahmen mit der Wiederansiedlung einer Riesenschildkrötenpopulation veränderten die Pflanzengemeinschaften sowohl lokal wie auch auf der Landschaftsskala, mit kaskadenartigen Effekten auf viele Komponenten der Biodiversität innerhalb der Insel.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Diese Studie zeigt eindrucksvoll, wie sich die Wiederansiedlung von Riesenschildkröten auf die Inselvegetation auswirkt. Aus Sicht der Wissenschaft mag es sein, dass diese Auswirkungen positiv erscheinen, aber was die Studie auch zeigt, dass nämlich die Riesenschildkröten bevorzugt die Kräuter und aufkeimenden Gehölzpflanzen abweiden, die im Zuge der Vegetationsveränderung abnehmen. Insofern sollte man aber auch untersuchen, wie sich die Veränderung in der Nahrungszusammensetzung langfristig auf die Schildkrötenpopulation auswirken wird. Denn wie wir das aus anderen Studien auch kennengelernt haben, könnte sich dadurch auch das Nahrungsspektrum für die Schildkröten mehr und mehr einschränken (siehe z.B. Hazard et al., 2009; 2010) und letzteres kann gerade in einem ariden Ökosystem auch Nachteile für die Schildkröten nach sich ziehen. Letzteres wird nur dadurch eventuell etwas kompensiert, weil sich zeitgleich eine Zunahme bei den Baum-Kakteen (z.B. Opuntia galapageia) beobachten lässt. Was vielleicht auch dann langfristig bei diesen ausgewilderten Schildkröten die Evolution hin zur Sattelcarapaxform fördern oder je nach ausgewildeter Art verstärken würde.

Literatur

Hazard, L. C., D. R. Shemanski & K. A. Nagy (2009): Nutritional Quality of Natural Foods of juvenile Desert Tortoises (Gopherus agassizii): Energy, Nitrogen, and Fiber Digestibility. – Journal of Herpetology 43(1): 38-48 oder Abstract-Archiv.

Hazard, L. C., D. R. Shemanski & K. A. Nagy (2010): Nutritional Quality of Natural Foods of Juvenile and Adult Desert Tortoises (Gopherus agassizii): Calcium, Phosphorus, and Magnesium Digestibility. – Journal of Herpetology 44(1): 135-147 oder Abstract-Archiv.

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