Zylstra, E. R., R. J. Steidl, C. A. Jones & R. C. Averill-Murray (2012): Spatial and temporal variation in survival of a rare reptile: a 22-year study of Sonoran desert tortoises. – Oecologia 173(1): 107-116.
Räumliche und zeitliche Unterschiede in Bezug auf die Überlebensrate eines selten Reptils: Eine 22-jährige Studie über die Morafka-Gopherschildkröte.
DOI: 10.1007/s00442-012-2464-z ➚
Es mag sein, dass viele Arten empfindlich auf klimatische Veränderungen reagieren, allerdings sind Vorhersagen für die spezifischen Reaktionen einer bestimmten Art sehr schwierig, da es eine Vielzahl artspezifischer physiologischer, verhaltensbedingter und demographischer Parameter zu berücksichtigen gilt, die die Reaktionen beeinflussen. Eine Strategie zur Vorhersageverbesserung ist die Untersuchung, wie eine bestimmte Art in der Vergangenheit auf klimatische Veränderungen reagierte. Wir benutzten dazu Daten einer über 22 Jahre andauernde Fang-Wiederfang-Studie bei der Marafka-Gopherschildkröte (Gopherus morafkai), bei der an 15 geographischen Orten innerhalb des Gesamtverbreitungsgebiets in Arizona Daten erhoben wurden, um den Einfluss der Umweltfaktoren auf die räumlichen und zeitlichen Überlebensraten zu analysieren. Obwohl die jährlichen Überlebensraten im allgemeinen hoch waren ([Berechnungsformel: siehe Text] = 0,92), sank die Überlebensrate der Adulten in den trockenen Jahren deutlich und speziell in den Lokalitäten, die am stärksten von der Dürre betroffen waren und zudem nahe an Städten lagen. An drei Orten, wo große Mengen markierter Schildkröten tot aufgefunden wurden, lag die Überlebensrate während der ausgeprägten Trockenperioden am niedrigsten ([Berechnungsformel: siehe Text] = 0,77-0,81) im Vergleich zu allen anderen Perioden ([Berechnungsformel: siehe Text] = 0,93-0,98). Unter der Annahme, dass die menschliche Abhängigkeit von fossilen Bodenschätzen weiterhin bestehen bleibt, machen wir die Vorhersage, dass die Population adulter Schildkröten während 2035-2060 relativ zu ihrer Überlebensrate von 1987-2008 in 14 der 15 untersuchten Populationen um 3 % absinken wird. Dieser Rückgang kann die Vorkommenswahrscheinlichkeit der Schildkrötenpopulationen zum Erliegen bringen, insbesondere an den trockensten Orten innerhalb des Gebiets. Zeitliche und räumliche Unterschiede in den mit Trockenheit assoziierten Bedingungen haben einen wesentlichen Einfluss auf das Überleben adulter Wüstenschildkröten.
Kommentar von H.-J. Bidmon
Was meinen die Autoren hier mit der Abhängigkeit fossiler Bodenschätze? Erstens natürlich fossile Brennstoffe, die zur Klimaerwärmung beitragen und deren Temperaturanstiegsprognosen für 2035-2060 bildeten ja die Grundlage für die Überlebensratenabschätzung. Zudem natürlich auch Wasser, denn es kommt nicht von ungefähr, dass Trockenheit und die Nähe zu Städten in diesen ariden Lebensraum sich am ungünstigsten auf das Überleben auswirkten. Denn Städte ziehen hier Wasser ab und senken den Grundwasserspiegel, was letztendlich auch dazu führt, dass kleine Wasserlöcher oder auch nur feuchte Bodenstellen ganz verschwinden (siehe auch Kommentar zu Christiansen et al. 2012). Zum Schluss möchte ich aber auch hier nicht vergessen, darauf hinzuweisen, dass wir uns gerade als Gesellschaft für solche Langzeitstudien stark machen sollten. Insbesondere wenn es um die – und damit auch indirekt unsere – Überlebensbedingungen geht, sollten wir als Steuerzahler dafür Sorge tragen, dass hier wirklich langfristig tragfähige Perspektiven erarbeitet werden können. Etwas das weiß Gott nicht von den vielen nur kurzfristig finanzierten – ich möchte fast sagen – „Alibiprojekten“ erwartet werden kann.
Literatur
Christiansen, J. L., N. P. Bernstein, C. A. Phillips, J. T. Briggler & D. Kangas (2012): Declining Populations of Yellow Mud Turtles (Kinosternon flavescens) in Iowa, Illinois, and Missouri. – Southwestern Naturalist 57(3): 304-313 oder Abstract-Archiv.