Kreffts Spitzkopfschildkröte, Emydura macquarii krefftii, zwei mondbadende Exemplare am Rossfluss – © Eric J. Nordberg

Wilson - 2008 - 01

Wilson, M. & I. R. Lawler (2008): Diet and digestive performance of an urban population of the omnivorous freshwater turtle (Emydura krefftii) from Ross River, Queensland. – Australian Journal of Zoology 56(3): 151-157.

Nahrung und Verdauungsleistung bei einer urbanen Population der omnivoren Süsswasserschildkröte (Emydura kreffti) aus dem Rossfluss, Queensland.

DOI: 10.1071/ZO08007 ➚

Kreffts Spitzkopfschildkröte, Emydura macquarii krefftii, – © Eric J. Nordberg
Kreffts Spitzkopfschildkröte,
Emydura macquarii krefftii,
zwei mondbadende Exemplare
am Rossfluss
© Eric J. Nordberg

Wir ermittelten die Nahrung von Emydura krefftii, einer häufigen und weit verbreiteten omnivoren Wasserschildkröte im nordöstlichen Australien, wobei die Untersuchung innerhalb einer artifiziellen städtischen Anlage erfolgte. Ein potentieller signifikant hoher Bestandteil der Nahrung ist Brot, welches von der Bevölkerung angeboten wird. Dieses Futterangebot führte zu einer dichten Aggregation (Ansammlung) von Schildkröten an einem Ende des Wasserkomplexes. Die Hauptmasse der Nahrung in Bezug auf das Nahrungsvolumen lieferte ein eingeführtes Kraut Cabomba. Brot und Feigen machten ebenfalls einen recht hohen Anteil der Nahrung aus, aber nur an bestimmten Orten. An den Stellen, an denen die Bevölkerung fütterte, wurde meist soviel Brot angeboten, dass es der maximal von den Schildkröten zu verzehrenden Futtermenge entsprach, wie man sie aus Gefangenschaftshaltungen her kennt, sodass hier möglicherweise mit negativen Einflüssen in Bezug auf den Ernährungsstatus zu rechnen ist. Tierische Kost (Insekten, Wirbeltiere und Kadaver) machten nur einen kleinen Teil der Nahrung aus. Wir quantifizierten die Nahrungsaufnahme, die Verdaubarkeit und die Darmpassagezeit im Labor für vier der häufig genutzten Nahrungsbestandteile. Fisch und Brot waren die bei weitem am besten zu verdauenden Nahrungsbestandteile und sie zeigten auch eine rasche Darmpassage. Obwohl unter Freilandbedingungen Cabomba einen großen Anteil der Nahrung ausmachte, fraßen die in Gefangenschaft gehaltenen Schildkröten davon nur sehr wenig, und diese pflanzliche Nahrung passierte den Darm nur langsam, wobei sie nur unzureichend verdaut wurde. Zukünftige Untersuchungen in Bezug auf die Interaktionen zwischen den einzelnen Nahrungskomponenten sind angezeigt, um die Verdauungsleistung der Schildkröten unter einem offensichtlich qualitativ schlechten Futter besser zu verstehen.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Das hier beschriebene Futterangebot dieser innerstädtischen Population ist zwar als unnatürlich zu bezeichnen, aber ist es wirklich schädlich oder gar qualitativ minderwertig? Immerhin handelt es sich um eine omnivore Art, die zudem noch in ihrem in Bezug auf die Umgebungstemperatur natürlichen Temperaturoptimum lebt, was ihr die Möglichkeit bietet, ihre Verdauungsstrategie an die verfügbare Nahrung anzupassen. Ich weiß nicht, ob man da nicht einen Denkfehler begeht, wenn man unnatürliche Nahrung mit qualitativ minderwertiger Nahrung gleichsetzt. Denn letztendlich ist Maissilage auch ein unnatürliches Futter für eine Kuh und dennoch ist es ein hochwertiges Futter, das weder ihrer Gesundheit noch ihrer Leistungsfähigkeit schadet. Selbst für unsere eigene Spezies ist strenggenommen Brot eine unnatürliche Nahrung oder Nahrungsveredelung, denn entwickelt hat sich auch unsere Spezies in einem Lebensraum mit ganz anderen Ernährungsgrundlagen, als wir sie heute kennen. Insofern sollte man erst einmal schauen, ob diese artifizielle Nahrung für die Schildkrötenpopulation gesundheitliche Nachteile bringt, wobei man auch dabei zwischen Nahrungsqualität und Überfütterung unterscheiden sollte, denn letztendlich würden wir bloß, weil zuviel Essen dick macht, auch nicht gleich die Abschaffung von Backwaren fordern. Siehe auch: Bouchard & Bjorndal (2006a, 2006b); McMaster & Downs (2008).

Literatur

Bouchard, S. S. & K. A. Bjorndal (2006a): Nonadditive interactions between animal and plant diet items in an omnivorous freshwater turtle Trachemys scripta. – Comparative Biochemistry and Physiology – Part B Biochemistry and Biology 144(1): 77-85 oder Abstract-Archiv.

Bouchard, S. S. & K. A. Bjorndal (2006b): Ontogenetic Diet Shifts and Digestive Constraints in the Omnivorous Freshwater Turtle Trachemys scriptaem>. – Physiological and Biochemical Zoology 79(1): 150-158 oder Abstract-Archiv.

McMaster, M. K. & C. T. Downs (2008): Digestive parameters and water turnover of the leopard tortoise. – Comparative Biochemistry and Physiology – Part A Molecular and Integrative Physiology 151(1): 114-125 oder Abstract-Archiv.

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