Kalifornische Sumpfschildkröte, Actinemys pallida, – © H. Bradley Shaffer

Spinks - 2016 - 01

Spinks, P. Q., R. C. Thomson, E. McCartney-Melstad & H.B. Shaffer (2016): Phylogeny and temporal diversification of the New World pond turtles (Emydidae). – Molecular Phylogenetics and Evolution 103: 85-97.

Die Phylogenie und periodische Aufspaltung der Neuwelt-Sumpfschildkröten.

DOI: 10.1016/j.ympev.2016.07.007 ➚

Amerikanische Sumpfschildkröte, Emydoidea blandingii, – © James Harding
Amerikanische Sumpfschildkröte,
Emydoidea blandingii,
© James Harding

Wir präsentieren eine umfassende Multigen-Phylogenie und einen zeitlichen Stammbaum für diese Schildkrötenfamilie der Emydidae. Unsere phylogenetische Analyse basierte auf 30 nukleären und vier mitochondrialen Genen (23.330 Basenpaare insgesamt), die für zwei Exemplare aus jeder derzeitig anerkannten Spezies der Unterfamilie der Emydinae und für zwei Spezies aus der artenreicheren Gruppe der Deirochelyinae sequenziert worden war. Daraus ergab sich ein gut abgesicherter Stammbaum, der einen evolutionären Rahmen für diese gut untersuchte Clade liefert und somit eine stabile Grundlage für die Taxonomie bietet. Wir kalibrierten diesen zeitlichen Emydiden-Stammbaum anhand von drei gut untersuchten Fossilfunden und modulierten die Unsicherheiten beim Fossilienalter, um ihre Genauigkeit für die Knotendatierung zu finden. Wir extrahierten das Alter für den Stamm/Krone und einige Schlüsselaufspaltungsereignisse. Wir datieren das Alter der Kronen-Emydiden auf einen relativ jungen Zeitraum, 44 Millionenjahre und das Kronenalter für beide enthaltenen Unterfamilien auf ungefähr 30 Millionenjahre. Eine Deirochelyinen-Clade die die Gattungen Graptemys, Malaclemys, Pseudemys und Trachemys einschließt und der 11 % aller Sumpfschildkrötenspezies angehören, wird auf 21 Millionenjahre datiert und tritt etwas früher auf als das klimatische Optimum des mittleren Miozäns. Dies lässt vermuten, dass es einen kausalen Zusammenhang zwischen den warm-feuchten Klimabedingungen und der schnell auftretenden Akkumulation der Speziesvielfalt bei diesen hochgradig aquatischen Schildkröten gibt. Beide genomischen Datensätze für nukleäre DNS – wie auch in Kombination mit der mitochondrialen DNS – sprechen für eine Monophylie einer umfassenden Gattung Emys, die die Altwelt-Spezies E. orbicularis und E. trinacris und die Neuweltspezies E. blandingii, E. marmorata und E. pallida einbezieht. Unter der Vorgabe, dass alle Mitglieder dieser Gruppe ursprünglich in der Gattung Emys zusammengefasst waren und unter Berücksichtigung, dass das Alter der Clade ungefähr gleich zu anderen Emydiden-Gattungen ist, argumentieren wir hier dafür diese fünf Arten unter einer Gattung zu vereinen, anstatt das alternative Stammbaumschema Emys (orbicularis, trinacris), Actinemys (marmorata, pallida), Emydoidea (blandingii)) beizubehalten. Diese vorgestellte Phylogenie und der daraus resultierende zeitliche Abstammungsbaum liefert ein umfassendes Fundament für zukünftige vergleichende Untersuchungen der Emydidae, die Licht ins Dunkel ihrer geschichtlichen Ökologie und für zukünftige Prioritätszielsetzungen zur Erhaltung dieser diversen Schildkrötenclade liefern.

 Emys orbicularis, Europäische Sumpfschildkröte – © Hans-Jürgen-Bidmon
Europäische Sumpfschildkröte,
Emys orbicularis,
© Hans-Jürgen-Bidmon

Kommentar von H.-J. Bidmon

Zur Phylogenie und Taxononomie und deren Schwierigkeiten haben wir schon oft diskutiert (siehe Kommentare zu Brown & Thomson 2016, Turnbull et al. 2015). Was ich aber hier hervorheben möchte ist doch der wie ich finde wesentliche Punkt, dass in der zurückliegenden jüngeren Erdgeschichte dieser Artenreichtum sich in einer Warmzeit heraus entwickelt zu haben scheint. Einer Zeit, in der es auch feuchter war und sicher die Meeresspiegel aufgrund der geringeren Eismenge höher waren als heute. Müssen wir uns im Hinblick auf die Zukunft der Schildkröten oder zumindest der Sumpf- und Wasserschildkröten Sorgen machen oder würde die Klimaerwärmung ihnen sogar mancherorts ein neues artenreicheres Comeback eröffnen. Wie gesagt nach diesen Daten kann man nur darauf verweisen: Nichts Neues, alles schon mal da gewesen!

Literatur

Brown, J. M. & R. C. Thomson (2016): Bayes factors unmask highly variable information content, bias, and extreme influence in phylogenomic analyses. – Systematic Biology 66(4): 517-530 oder Abstract-Archiv.

Turnbull, L. A., A. Ozgul, W. Accouche, R. Baxter, L. ChongSeng, J. C. Currie, N. Doak, D. M. Hansen, P. Pistorius, H. Richards, J. van de Crommenacker, R. von Brandis, F. Fleischer-Dogley & N. Bunbury (2015): Persistence of distinctive morphotypes in the native range of the CITES-listed Aldabra giant tortoise. – Ecology and Evolution 5(23): 5499-5508 oder Abstract-Archiv.

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