Rotwangen-Schmuckschildkröte, Trachemys scripta elegans, sitzt sonnend am Ufer – © Hans-Jürgen Bidmon

Sparling - 2006 - 01

Sparling, D. W., C. Matson, J. Bickham & P. Doelling-Brown (2006): Toxicity of glyphosate as Glypro (R) and LI700 to red-eared slider (Trachemys scripta elegans) embryos and early hatchlings. – Environmental Toxicology and Chemistry 25(10): 2768-2774.

Toxizität der Glyphosate als Glypro (R) and LI700 für Embryos und Frühschlüpflinge von Rotwangen-Schmuckschildkröten (Trachemys scripta elegans).

DOI: 10.1897/05-152.1 ➚

Rotwangen-Schmuckschildkröte, Trachemys scripta elegans, – © Hans-Jürgen Bidmon
Rotwangen-Schmuckschildkröte,
Trachemys scripta elegans,
© Hans-Jürgen Bidmon

Mehr als 8.2 Millionen Hektar Ackerland, Gartenfläche, und Waldgebiete werden jährlich mit Herbiziden (so genannte „Unkrautvernichter“) aus der Gruppe der Glyphosate behandelt. Während die Toxizität von Glyphosaten und der verwendeten Lösungsmittel bei einigen Wirbeltieren getestet wurden, so wurden bislang nur wenige bis gar keine Untersuchungen bei Reptilien durchgeführt. Unter bestimmten Umständen ist es auch für das Management von Schildkrötenpopulationen erforderlich bestimmte Sukzessionsstadien (Entwicklungsstadien der Vegetation) zu kontrollieren und zu erhalten wobei auch Herbizide eingesetzt werden. Adulte und junge Schildkröten können davon direkt betroffen sein, während die Embryonen über den Kontakt mit kontaminierter Erde durch die Chemikalien beeinträchtigt werden könnten. In der vorgelegten Studie wurden Eier der Rotwangenschildkröte (Trachemys scripta elegans) einer einmaligen Behandlung mit entsprechenden Herbiziden in einer Dosierung von 0 bis zu 11,206 ppm (Feuchtgewicht) der Glyphosate Glypro (R) und 0 bis zu 678 ppm des Surfactants (Haftmittels LI700) unterzogen. Der Schlupferfolg war bei Gabe der höchsten Dosis signifikant niedriger (73 %) im Vergleich zu Kontrollen (80-100 %). Bei Exposition zur höchsten Dosis war auch das Schlupfgewicht im Vergleich zu niedrigeren Konzentrationen reduziert. Während einer 14-tägigen Haltungsperiode beobachteten wir einen deutlichen Dosis-Wirkungs-Effekt auf die Umdrehreaktion (aus Rückenlage; Fitnesstest) bei den Schlüpflingen. Am Ende der Haltungsperiode waren die Schlüpflinge, die der höchsten Dosis ausgesetzt waren, immer noch deutlich leichter und zeigten auch andere Anzeichen körperlicher Beeinträchtigungen im Vergleich zu den anderen Behandlungsgruppen. Genetische Schädigungen, die an Hand der Durchflusszytometrie erfasst wurden, stiegen mit zunehmender Dosis an, mit Ausnahme der Gruppe mit der höchsten Konzentration. Da sehr hohe Konzentrationen notwendig sind, um Schädigungen hervorzurufen und weil die Gelege durch mehrere Zentimeter Erde geschützt sind, schließen wir aus den Daten, dass Glyphosate und LI700 nur ein niedriges Risiko für die Embryonen von Rotwangenschildkröten während normaler Freilandapplikation darstellen. Unsachgemäßer Umgang mit Glyphosaten oder das Nichtbeachten der Handhabungshinweise können negative Auswirkungen haben. Ebenso kann ein Gesundheitsrisiko für die Schildkrötenembryonen vorhanden sein, welches auf Parametern beruht, die in dieser Studie nicht erfasst wurden.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Zu bedenken bleibt, dass genetische Schädigungen auch bei geringeren Dosen beobachtet wurden und bislang nicht untersucht wurde, welche Langzeitkonsequenzen sich für die Tiere ergeben, z. B. Vererbung von Genschäden. Außerdem geht die Studie in keiner Weise darauf ein, wie sich Anreicherungen von Glyphosaten im Boden auswirken würden, denn gerade Arten, die meist tiefer liegende Feuchtgebiete besiedeln, könnten von den von großflächigen Ländereien mit dem Regenwasser abgespülten und in feuchten Senken ankonzentrierten Chemikalien weit stärker und lang anhaltender betroffen werden, als bislang angenommen. Aber was soll's, und wer denkt schon an so was! Wir sind doch geübt darin, immer erst Großversuche im realen Leben zu starten, um dann, wenn es zu spät ist, mit dem Jammern zu beginnen (siehe Handytelefonie: Sollte bei unserm eigenen Nachwuchs sich wirklich zeigen, dass in 20 Jahren die Zahl der Hirntumore drastisch ansteigt, erinnern wir uns vielleicht auch noch wage daran, dass vor diesem Risiko doch schon mal vor „Urzeiten“ gewarnt wurde). Warum soll es da den Tieren besser gehen als uns? Sicher, als Mensch und als Krone der Schöpfung muss man Prioritäten setzen, denn der Rubel muss ja rollen. Zwei davon sind halt möglichst viele (wenn auch oft inhaltslose) Telefonate zu führen und Unkrautvernichtung (in Bezug auf Letzteres und im Hinblick auf die oben erwähnten Pflegemaßnahmen, also Management für Schildkrötenbiotope, fragt man sich allerdings: Warum wurde die Sense erfunden?).

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