Skovgaard, N. & T. Wang (2006): Local control of pulmonary blood flow and lung structure in reptiles: Implications for ventilation perfusion matching. – Respiratory Physiology & Neurobiology 154(1-2): 107-117.
Die Kontrolle des pulmonalen Blutflusses und der Lungenstruktur bei Reptilien: Einsichten zur Ventilations- und Perfusionsanpassung.
DOI: 10.1016/j.resp.2005.12.012 ➚
Die Lungenstruktur (Aufbau) von Reptilien ist sehr unterschiedlich und reicht von einfachen einkammerigen Lungen mit einer simplen Struktur bis zu komplexeren und mehrkammerigen Lungen. Die Zunahme der strukturellen Komplexität entstand durch die Evolution immer kleinerer Einheiten zum Gasaustausch, die dann aber eine entsprechend große Oberfläche benötigten, um die pulmonale Diffusionskapazität für O2 zu erhöhen. Allerdings erhöht eine Steigerung der strukturellen Komplexität auch die Möglichkeiten für eine Heterogenität (Verschiedenheit) bei der Ventilation-Perfusion (V/Q), die eine signifikante Größe in Bezug auf den Gasaustausch darstellt. (Soll heißen: Ventilation, also Atem- oder Belüftungsfrequenz und Gesamtoberfläche, an der Gasaustausch stattfinden kann, bestimmen die Kapazität). Bei den meisten Reptilien ist der Ventrikel (Herzkammern) anatomisch und auch funktionell getrennt, so dass der Blutdruck im systemischen (Körper-) und pulmonalen (Lungen-) Kreislauf gleich ist. Bei diesen Arten ist die Blutflussaufteilung zwischen pulmonalem und systemischen Kreislauf primär durch den pulmonalen und den systemischen Gefäßwiderstand vorgegeben. Somit, kann davon ausgegangen werden, dass ein Anstieg des pulmonalen Gefäßwiderstands (z. B. durch Kontraktion und Gefäßverengung) den pulmonalen Blutfluss reduziert, wobei es zur Erhöhung des Rechts-zu- Links-Shunts im Herzen kommt (es fließt mehr Blut über die linke Herzkammer in den Körper), was dazu führt, dass die systemische Sauerstoffmenge sinkt. Es wurde vermutet, dass lokale Mechanismen zur Regulation des pulmonalen Blutflusses bei Arten mit komplexen Lungen ausgeprägter sind, da diese eine ausgeprägtere V/Q-Heterogenität zeigen. Allerdings sollte eine lokale Kontrolle des pulmonalen Blutflusses vermutlich auch dann gegeben sein, wenn das Herz nur funktionell getrennt ist, denn der veränderte pulmonale Gefäßwiderstand wirkt sich nicht so sehr auf die Shunt-Muster aus. Die bislang vorhanden Ergebnisse dazu legen nahe, dass es einen Evolutionstrend dahingehend gibt, dass eine lokale Regulation (Feintouning des Gasaustausches) des pulmonalen Blutflusses bei Spezies mit strukturell komplexen Lungen auftritt, aber dass auch mögliche andere Faktoren wie zum Beispiel das Atmungsmuster für die Evolution der Entwicklung von regulatorischen Mechanismen in den Lungen eine wichtige Rolle spielen.
Kommentar von H.-J. Bidmon
Warum dieses vielleicht für viele auf den ersten Blick etwas schwer verständliche Abstract? Nun, es gibt einen guten, aktuellen Überblick über die Lungenfunktion und Aufbau bei Reptilien und bietet mit 81 Literaturzitaten einen guten Einstieg in die Materie für jene, die sich dafür interessieren. Denn Lungenfunktionen sind in Bezug auf die Terraristik nicht erst dann interessant, wenn eine Infektion oder Lungenentzündung vorliegt. Gerade an heiße Trockengebiete angepasste Reptilien, z. B. Landschildkröten haben ja auf der äußeren Haut effektive Mechanismen zur Begrenzung des Wasserverlusts entwickelt, aber da sie atmen müssen, sind für sie die Atemwege und Lungen die Schwachstelle bei der Regulation ihres Wasserhaushalts (in allen Lebensphasen können sie mit der Atemluft Feuchtigkeit verlieren), und gerade dazu liefern uns solche Arbeiten grundlegende Informationen für ein besseres Verständnis.