Dreizehen-Dosenschildkröte, Terrapene carolina triunguis, – © R. Dwayne Elmore

Robertson - 2021 - 01

Robertson, E. P., E. P. Tanner, R. D. Elmore, S. D. Fuhlendorf, J. D. Mays, J. Knutson, J. R. Weir & S. R. Loss (2021): Fire management alters the thermal landscape and provides multi-scale thermal options for a terrestrial turtle facing a changing climate. – Global Change Biology 28(3): 782-796.

Brandmanagement verändert die thermischen Bedingungen in der Landschaft und bietet daher vielfältige räumlich nutzbare Temperaturauswahloptionen für Landschildkröten die dem sich verändernden Klima ausgesetzt sind.

DOI: 10.1111/gcb.15977 ➚

Dreizehen-Dosenschildkröte, Terrapene carolina triunguis, – © R. Dwayne Elmore
Dreizehen-Dosenschildkröte,
Terrapene carolina triunguis,
© R. Dwayne Elmore

Während sich die Auswirkungen des Klimawandels intensivieren wächst die Notwendigkeit zu verstehen wie sich die thermischen Bedingungen von Landflächen ändern und wie sich das auf Wildtiere auswirkt. Eine Schlüsselfunktion in Bezug auf die Temperatureigenschaften innerhalb der Landschaftsformationen kommt dabei der Vegetationsstruktur und deren Zusammensetzung zu. Managementmaßnahmen können die Vegetation verändern und das wirkt sich folglich auch auf die Temperaturbedingungen innerhalb der Landschaft aus, was wiederum zu meist potentiell wenig berücksichtigten Auswirkungen für die Thermoregulation von Wildtieren führt. Die Berücksichtigung der räumlichen Bedingungen könnten dabei anzeigen wie sich Managementmaßnahmen, welche die vor Ort existierenden Vegetationsmuster betreffen, auf die für Wildtiere relevanten Temperaturbedingungen innerhalb der Landschaft auswirken. Wir untersuchten hier die Auswirkungen auf die Temperatureigenschaften innerhalb einer durch Brandmanagement gestalteten Landschaft, wobei wir vielfältige räumlich skalierte Vegetationsstrukturen in Bezug auf die Habitatauswahl von einem wechselwarmen Wirbeltier, die Dreizehen-Dosenschildkröte, Terrapene carolina triunguis, in den Great Plains in den zentralen USA untersuchten. Dabei stellten wir Zusammenhänge her zwischen den unterschiedlichen Zeiten die seit einem experimentell herbeigeführten Brand auf 18 Arealen vergangen war, den dort vorherrschenden Temperatureigenschaften, der dort jeweils vorgefunden Vegetationshöhe sowie der mittels Radiotelemetrie ermittelten Aufenthaltsorte der Schildkröten. Innerhalb von drei experimentell genutzten 60 Hektar Großlandflächen von denen jede sechs 10 Hektar große gemanagte Unterarealflächen enthielt die in periodischen Abständen abgebrannt wurden stellten wir fest, dass die Schildkröten eine Habitatauswahl treffen, die von der Zeitspanne seit dem letzten Brand vergangen war abhängig ist, wobei die Auswahl aber zudem noch von der täglich vorherrschenden maximalen Umgebungstemperatur mitbeeinflusst wird. Unter moderaten Umgebungstemperaturbedingungen wählten die Schildkröten die brandgemanagten Unterareale die erst kürzlich (<1 Jahr) abgebrannt worden waren aber während relativ heißer oder unter kühlen Umgebungsbedingungen wählten sie Unterareale die vor 2-3 Jahren abgebrannt worden waren und die gepufferte Temperaturbedingungen im Vergleich zu den kürzlich abgebrannten Unterarealen boten. Innerhalb dieser ausgewählten 10 Hektarunterareale wählten sie an heißen Tagen dann zudem Orte aus die mit höherer Vegetation bedeckt waren und die hohe Temperatur abpufferten. Die temperaturabhängigen Aktivitätskurven zeigten, dass die Aktivität der Schildkröten absank, wenn die Umgebungstemperatur sich über den Temperaturbereich von 24 - 29 °C erhöhte und an sogenannten Hitzetagen (29 °C - ?) verhielten sich 73 % der Schildkröten komplett inaktiv im Vergleich zu den etwa 37 % die sich mal an Tagen mit normaler Temperatur inaktiv verhielten. Letzteres lässt vermuten, dass Temperaturextreme die Habitatnutzungsmöglichkeiten der Schildkröten beschränken und ihnen dadurch Ressourcen die sie während aktiver Phasen nutzen können verlorengehen. Unsere Ergebnisse verweisen darauf, dass Managementmaßnahmen die dazu führen, dass sich ein Mosaik an unterschiedlichen Vegetationshöhen einstellt, wie es hier durch ein zeitlich und räumlich verschobenes Brandmanagement erreicht wurde dazu führt, dass den Tieren vielfältige thermisch unterschiedliche Rückzugshabitate zur Verfügung stehen die den Tieren vielfältige Temperaturoptionen im Kontext mit dem zukünftig fortschreitenden Klimawandel bieten.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Liebe Leser*innen diese Arbeit liefert einmal mehr ein sehr schönes Beispiel wie umfassend man allein die Auswirkungen der Temperatur auf die Lebensraumnutzung im ökologischen Sinn betrachten muss. Sicher werden jetzt manche sagen, dass wir das schon immer wussten, denn es ist die Grundlage für die vielfältigen Mikrohabitatauswahlen die wir bei Tieren und Pflanzen weltweit beobachten. Aber dennoch stellt sich die Frage, ob wir diese eigentlich banale Erkenntnis bislang auch wirklich verstanden oder berücksichtigt haben? Zumindest belegt diese Studie wie umfangreich allein die wissenschaftliche Untersuchung dieser nur auf die Lebensraumtemperatur bezogenen Abhängigkeiten für eine Tierart ist und dabei hat man hier die Temperaturbedingungen für eine erfolgreiche Überwinterung noch gar nicht mit untersucht (siehe Currylow et al.,2013). Auch vom zeitlichen Umfang her war dazu zumindest ein mehrjähriger experimenteller Ansatz nötig, den sich ja viele dadurch einzusparen versuchen indem sie allein auf Modellrechnungen bzw. Modellvorhersagen bauen (z. B. Khan et al., 2020; Eustace et al., 2021). Insofern denke ich schon, dass uns aber gerade solche Arbeiten zeigen was es bedeuten würde Umweltverträglichkeitsgutachten umfassend abzusichern, wenn es darum geht Biodiversitätsverluste nicht ganz auszuschließen aber zumindest zu minimieren. Zudem finde ich, dass diese Arbeit durchaus auch einen praktikablen Ansatz bietet der auch hier in Europa z. B. in Bezug zum Schutz europäischer wechselwarmer Arten Anwendung finden kann. Ja, und wenn ich mich an so manchen Faunenbestandteil zurück erinnere der zu meiner Kindheit noch reichhaltig vorhanden war als es noch dazugehörte Feldränder und manche Weideflächen auch mal abzubrennen frage ich mich ob so manches heutzutage eingeführte Verbot wirklich im Sinne eines Biodiversitätserhalt innerhalb so mancher sowie gemanagter Landschaft sinnvoll war und ist. Siehe dazu auch Martin & Root (2020).
Was zudem auffallen sollte ist die von diesen Schildkröten bevorzugte optimale Temperaturbereich für ihre Aktivitätsphase, denn damit gruppieren sie sich dort ein wo viele andere Schildkrötenarten wie früher schon diskutiert auch ihr Temperaturoptimum suchen (z. B. Dubois et al., 2008; Köhler, 2008; 2009; Ligon et al., 2009; McMaster & Downs (2013a,; 2013b).

Literatur

Currylow, A. F., B. J. MacGowan & R. N. Williams (2013): Hibernal thermal ecology of eastern box turtles within a managed forest landscape. – Journal of Wildlife Manage­ment 77(2): 326-335 oder Abstract-Archiv.

Dubois, Y., G. Blouin-Demers & D. Thomas (2008): Temperature selection in wood turtles (Glyptemys insculpta) and its implications for energetics. – Ecoscience 15(3): 398-406 oder Abstract-Archiv.

Eustace, A., L. F. Esser, R. Mremi, P. R. Malonza & R. T. Mwaya (2021): Protected areas network is not adequate to protect a critically endangered East Africa Chelonian: Modelling distribution of pancake tortoise, Malacochersus tornieri under current and future climates. – PLoS One 16(1): e0238669 oder Abstract-Archiv.

Khan, S., A. Nath & A. Das (2020): The Distribution of the Elongated Tortoise (Indotestudo elongata) on the Indian subcontinent: implications for conservation and management. – Herpetological Conservation and Biology 15(1): 212-227 oder Abstract-Archiv.

Köhler, H. (2008): Aufzucht europäischer Landschildkröten-Babys: Vom Ei zum robusten Jungtier. – Augsburg (Schildi-Verlag), 180 S.

Köhler, H. (2009): Über Bewegungsradius und Ruhepausen wild lebender maurischer Landschildkröten. – Schildkröten im Fokus 6(1): 29-34 ➚.

Ligon, D. B., J. R. Bidwell & M. B. Lovern (2009): Incubation temperature effects on hatchling growth and metabolic rate in the African spurred tortoise, Geochelone sulcata. Canadian Journal of Zoology – Revue Canadienne de Zoologie 87(1): 64-72 oder Abstract-Archiv.

Martin, A. K. & K. V. Root (2020): Challenges and Opportunities for Terrapene carolina carolina under Different Climate Scenarios. – Remote Sensing 12(5): 836 oder Abstract-Archiv.

McMaster, M. K. & C. T. Downs (2013a): Thermal variability in body temperature in an ectotherm: Are cloacal temperatures good indicators of tortoise body temperature? – Journal of Thermal Biology 38(4): 163-168 oder Abstract-Archiv.

McMaster, M. K. & C. T. Downs (2013b): Thermoregulation in leopard tortoises in the Nama-Karoo: The importance of behaviour and core body temperatures. – Journal of Thermal Biology 38(4): 178-185 oder Abstract-Archiv.

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