Carolina-Dosenschildkröte, Terrapene carolina carolina, – © Hans-Jürgen Bidmon

Rayl - 2020 - 01

Rayl, J. M.; L. Adamovicz, A. W. Stern, M. D. Vieson, C. A. Phillips, M. Kelly, M. Beermann & M. C. Allender (2020): Mortality investigation of monitored eastern box turtles (Terrapene carolina carolina) in central Illinois, USA, from2016-2018. – Journal of Wildlife Diseases 56(2): 306-315.

Untersuchungen zur Mortalität bei östlichen Dosenschildkröten (Terrapene carolina carolina) in Central-Illinois, USA von 2016-2018.

DOI: 10.7589/2019-01-016 ➚

Carolina-Dosenschildkröte, Terrapene carolina, – © Hans-Jürgen Bidmon
Carolina-Dosenschildkröte,
Terrapene carolina,
© Hans-Jürgen Bidmon

Ereignisse mit hohen Todesraten von östlichen Dosenschildkröten (Terrapene carolina carolina) gefährden die Arterhaltungsmaßnahmen in ihrem gesamten Verbreitungsgebiet. Solche Vorfälle bleiben oft unentdeckt und wenn sie entdeckt werden, gibt es meist keine erklärenden Faktoren zum Gesundheitsstatus, die vor dem Versterben vorgelegen haben. Im Kickapoo Staatspark Central-Illinois, USA wurden solche Ereignisse sowohl bei Amphibien als auch bei Schildkröten zwischen 2014 und 2015 beobachtet, die durch Ranaviren verursacht wurden. Nach diesen Vorkommnissen wurden 36 östliche Dosenschildkröten mit Radiotransmittern (n=36) und Temperaturdatenspeichern ausgestattet, um wiederholtermaßen Daten zu deren Aufenthaltsorten und Körpertemperatur für die Periode von Frühjahr 2016 bis Frühjahr 2018 zu erhalten. Jeden zweiten Monat wurden Blutproben, Rachenabstriche und Kloakenabstriche gesammelt, um die Gesundheitsparameter zu bestimmen wie Hämatologie und Zytokintranskriptionsmuster und um Nachweise für verschiedenste Pathogene zu erhalten. Todesfälle bei den überwachten Schildkröten ereigneten sich in 2016 (n=5), 2017 (n=15) und 2018 (n). Das größte einzelne Versterbensereignis trat im Februar 2017 (n=7) auf. Insgesamt wurde bei 17 Schildkröten eine Nekropsie durchgeführt und es konnten mehrere pathologische Prozesse identifiziert werden, wobei die häufigsten Befunde (n=6) ausgezehrte Fettspeicher darstellten. Zwei der untersuchten Schildkröten zeigten Befunde, die denen einer multisystemischen Entzündungsreaktion entsprachen. Zusätzlich wurden infektiöse Pathogene identifiziert und in den Schildkröten nachgewiesen, die vor deren Tod schon vorhanden waren, aber kein einziges Pathogen konnte als wirklich ursächlich für das Versterben des jeweiligen Tieres ausfindig gemacht werden. Ranaviren wurden bei keiner der Schildkröten nachgewiesen. So genannte Hot-Spot-Analysen zeigten räumliche Anhäufungen (Cluster) sowohl für das Zentrum wie auch an den Randgebieten des Untersuchungsareals für die Körpertemperatur wie auch die relative Zytokintranskription für Interleukin-1 beta, Tumornekrosefaktor-alpha und Interleukin-10 die assoziiert mit dem Versterben der Tiere einhergingen. Es konnte also hier kein ursächlicher Einzelfaktor ermittelt werden, der das Versterben erklären könnte. Die Informationen von diesen Versterbeereignissen können aber Anhaltspunkte für zukünftige Mortalitätsuntersuchungen bei Schildkröten liefern in dem sie longitudinale Grundlagendaten für die Zeit vor dem Versterben der Tiere aber auch solche zu den Tieren, die diese Ereignisse überlebt haben, liefern.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Es ist sicherlich immer schwer ursächliche Einzelfaktoren, die zu solchen Massensterben führen, in der Wildnis zu diagnostizieren. Allerdings kann man meiner Meinung nach davon ausgehen, dass geschwächte Schildkröten mit beeinträchtigtem Immunsystem auch vor dem Tod von verschiedensten Pathogenen infiziert werden können, gegen die sie aufgrund einer geschwächten Immunabwehr sich nicht mehr wehren können, und zwar auch dann nicht, wenn es sich gar nicht mal um sehr gefährliche Krankheitserreger handelt. Die sechs Tiere, die hier als größtes singuläres Versterbeereignis für die überwachten Schildkröten angeführt werden, verstarben alle im Februar, also kurz nach der Winterruhe. Als Hauptbefund wurden ausgezehrte Fettspeicher angeführt. Deshalb stellt sich eigentlich die Frage nach den Überwinterungstemperaturen, denn wenn diese zu hoch lägen könnten die Schildkröten schon ausgezehrter aus der Winterruhe erwachen und wenn sie dann in einem trockenen Frühjahr keine entsprechend proteinreiche tierische Nahrung in Form von Würmern, Schnecken und Insekten finden könnte man sich auch vorstellen, dass sie auch bei stetig steigenden Temperaturen ihre Immunabwehr nicht wieder entsprechend aktivieren können, denn sowohl die zelluläre wie auch die humorale Immunabwehr hängt von einer entsprechenden Proteinzufuhr ab, denn sowohl neue Abwehrzellen wie auch Antikörper bildende Lymphozyten brauchen Proteine und auch Fette (Lipide) zur Bildung von Zell- und Intrazellulären Membran und Organellen. Sind das schon Anzeichen eines lokalen Klimawandels? Siehe dazu auch Zachary et al., 2020; Lovich et al., (2023).

Literatur

Lovich, J. E., M. S. R. Puffer, K. L. Cummings, T. R. Arundel, M. S. Vamstad & K. D. Brundige (2023): High female desert tortoise mortality in the western Sonoran Desert during California’s epic 2012–2016 drought. – Endangered Species Research 50: 1-16 oder Abstract-Archiv.

Zachary, C. R., E. P. Chen & G. A. Lewbart (2020): TEMPORAL PATTERNS IN ADMISSION OF EASTERN BOX TURTLES (TERRAPENE CAROLINA CAROLINA) AT A NORTH CAROLINA WILDLIFE CLINIC AS A REFLECTION OF CLIMATE. – Journal of Zoo and Wildlife Medicine 51(2): 363-370 oder Abstract-Archiv.

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