Pham, T. V., O. L. Duc, B. Leprince, C. Bordes, T. Zuklin, C. Ducotterd, V. Q. Luu, L. V. Oanh, A. N. Tam, J. E. Fa & L. Luiselli (2020): Unexpected high forest turtle diversity in hill forests in northern Vietnam. – Biodiversity and Conservation 29(14): 4019-4033.
Eine unerwartet hohe Diversität bei den waldbewohnenden Schildkröten in den Bergwäldern Nordvietnams.
DOI: 10.1007/s10531-020-02061-y ➚
Fast alle asiatischen Schildkrötenarten werden von der Weltnaturschutzunion (IUCN) als bedroht eingestuft. Wir untersuchten die Schildkrötenfauna und ihre Verbreitung in hügeligen Wäldern im Norden Vietnams (Gemeinde TamThanh, Bezirk Quan Son) während zweier aufeinanderfolgender Zeiträume (12.-23. Mai, 12.-24. August 2019). Diese Wälder gehören laut WWF zum Typ „Subtropischer Feuchtwald“ und werden von immergrünen und halb- immergrünen Wäldern dominiert. Wir verwendeten eine Kombination aus (1) Felduntersuchungen, (2) Befragungen von Jägern, (3) Untersuchung der Jagdbeute und (4) Überwachung der Jagdaktivitäten. Wir führten Felduntersuchungen in Bambus- und hügeligen Sekundärwäldern (500-1.350 m) durch, befragten 103 Jäger und untersuchten die gleiche Anzahl von Jagdtaschen. Wir fanden insgesamt 124 verschiedene Individuen von 9 Schildkrötenarten (was 18 % der derzeit bekannten gesamten Schildkrötenfauna in der indisch-burmesischen Region entspricht). Zwei Arten waren am häufigsten anzutreffen: die flache Hinterindische Landschildkröte (Manouria impressa), die vor allem als Panzer in Dörfern gefunden wurde, und die Indochinesische Scharnierschildkröte (Cuora galbinifrons), die in Bambuswäldern in verschiedenen Höhenlagen gesichtet wurde. Angesichts der Tatsache, dass es in ganz Nordvietnam noch große unerforschte Bambuswälder und gemischte Bambus-Evergreen-Wälder (über 5 Millionen Hektar) gibt, ist es wahrscheinlich, dass C. galbinifrons häufiger vorkommt als bisher angenommen, wenn unsere Ergebnisse typisch für andere ähnliche Lebensräume sind. Wir schlagen vor, so bald wie möglich Freilanduntersuchungen durchzuführen, um festzustellen, ob diese Schildkröten wirklich so stark bedroht sind, wie es die IUCN derzeit annimmt.
Kommentar von H.-J. Bidmon
Freilanduntersuchungen und Bestandserfassungen für bedrohte Arten sind sicherlich vielerorts wichtig und hilfreich. Allerdings, wie hier geschildert, wird Manouria impressa fast nur als Carapax in den Dörfern gefunden, was ja zeigt, dass die Schildkröten bejagt werden. Da stellt sich dann schon die Frage, sind diese 5 Millionen Hektar unerforschtes Gebiet nur unerforscht, aber von Menschen besiedelt oder würde die Ausdehnung der Freilandforschung nur dazu beitragen, dass diese möglicherweise noch unberührten Regionen für die jagdliche Nutzung zugänglicher würden. Hier ist wohl eine sorgsame Abwägung notwendig, denn ohne entsprechende begleitende Schutz- und Überwachungsmaßnahmen könnten diese Freilandforschungen auch nachteilige Auswirkungen haben. Siehe dazu auch Golden Kroner et al. (2019) sowie Van Dyke et al., (2019) und die dortigen Kommentare.
Literatur
Golden Kroner, R. E., S. Qin, C. N. Cook, R. Krithivasan, S. M. Pack, O. D. Bonilla, K. A. Cort-Kansinally, B. Coutinho, M. Feng, M. I. Martínez Garcia, Y. He, C. J. Kennedy, C. Lebreton, J. C. Ledezma, T. E. Lovejoy, D. A. Luther, Y. Parmanand, C. A. Ruíz-Agudelo, E. Yerena, V. Morón Zambrano & M. B. Mascia (2019): The uncertain future of protected lands and waters. – Science 364(6443): 881-886 oder Abstract-Archiv.
Van Dyke, J. U., R. Spencer, M. B. Thompson, B. Chessman, K. Howard & A. Georges (2019): Conservation implications of turtle declines in Australia's Murray River system. – Scientific Reports 9(1): 1-12 oder Abstract-Archiv.
Galerien
Cuora galbinifrons – Hinterindische Scharnierschildkröte
Manouria impressa – Hinterindische Waldschildkröte