Pees - 2013 - 01

Pees, M., W. Rabsch, B. Plenz, A. Fruth, R. Prager, S. Simon, V. Schmidt, S. Muench & P. G. Braun (2013): Evidence for the transmission of Salmonella from reptiles to children in Germany, July 2010 to October 2011. – Eurosurveillance 18(46): 12-21.

Nachweise für die Übertragung von Salmonellen von Reptilien auf Kinder in Deutschland, Juli 2010 bis Oktober 2011.

DOI: 10.2807/1560-7917.ES2013.18.46.20634 ➚

Diese Studie untersucht, welche Rolle Salmonellen bei Reptilien spielen, die in Haushalten gehalten werden, in denen es zu schweren Erkrankungen des Magendarmtrakts durch exotische Salmonellenserovare kam, um die möglichen Übertragungswege aufzuzeigen. Dazu wurden betroffene Haushalte (n=79) kontaktiert und befragt, und fast die Hälfte (34/79) hielten zumindest ein Reptil. Von diesen Haushalten wurden 19 näher untersucht, wobei insgesamt 36 Reptilien direkt untersucht wurden. Die entsprechenden Proben wurden bei den Reptilien aus der Mundhöhle, an der Kloake und der Haut entnommen, und bei den Echsen wurde zusätzlich eine Probe aus dem Magen entnommen. Die Isolation der Salmonellenstämme erfolgte nach einem Mehrfach-Anreicherungsverfahren und der entsprechenden Typisierung. In den Fällen, in denen das Salmonellenserovar des infizierten Kindes mit dem aus den Reptilien übereinstimmte, wurde die Typisierung nachfolgend mit der Gepulsten-Feldgelelektrophorese (PFGE) genauer analysiert. Bartagamen (Pogona vitticeps) stellten 19 der 36 untersuchten Reptilien. Insgesamt wurden 319 Isolate von Salmonella untersucht, und es wurden dabei 24 verschiedene Serovare bei den Reptilien identifiziert. Bei 15 der 19 speziell untersuchten Haushalte war das Serovar, das bei mindestens einem der dort gehaltenen Reptilien identifiziert worden war, identisch mit dem des erkrankten Kindes (dies traf insbesondere auf 16 der 19 untersuchten Bartagamen zu). Diese Ergebnisse belegen, dass Reptilien und insbesondere Bartagmen Salmonellenserovare ausscheiden, unter denen auch jene waren, die bei den infizierten Kindern des jeweiligen Haushalts nachgewiesen wurden. Hygieneprotokolle und eine entsprechende Aufklärung und Unterweisung der Eltern sind daher dringend erforderlich, um das Übertragungsrisiko zu senken. Unter medizinisch-terminologischen Gesichtspunkten plädieren wir dafür, diese Infektionen als „Reptilien-Exotische-Haustier-assoziierte Salmonellosen“ ('Reptile-Exotic-Pet-Associated-Salmonellosis'; REPAS) zu bezeichnen.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Beruhigend ist es ja schon mal, dass diese Wissenschaftler nicht gleich nach einem Haltungsverbot für Reptilien schreien, sondern eher für eine entsprechende Aufklärung und Hygieneunterweisung plädieren. Dennoch möchte ich davor warnen, diese Hinweise zu ignorieren, denn wie allein schon das gewählte Journal zum Ausdruck bringt, wird hier nicht nur national, sondern auf europäischer Ebene ein Risikobewusstsein angesprochen, welches nicht zuletzt auch mit ein Argument für restriktivere Maßnahmen in Bezug zur privaten Exotenhaltung sein kann. Eher polemisch ausgesprochene Gegenargumente, das ja andere Haustiergruppen davon noch stärker betroffen seien, helfen da wenig, denn die Masse der Bevölkerung hat ein, wenn auch oft als unrealistisch einzustufendes übersteigertes Sicherheitsbedürfnis, dass auf der Grundlage basiert, dass jeder vermeidbare Erkrankte oder gar Tote einer zu viel ist! Letztendlich betrifft das nicht nur die Exotenhalter, sondern auch die Pharmaindustrie, die gute Medikamente bloß weil eben auch ein sehr geringer Prozentsatz an den Nebenwirkungen schwer erkranken kann, oft lieber vom Markt nimmt, als sich durch die teuren Entschädigungsklagen finanziell zu ruinieren. Dieses überzogene Sicherheitsbedürfnis der Mehrheit ist aber auch jenes, welches meist einen stärkeren Einfluss auf politische Entscheidungen hat, als sachliche Gegenargumente. Tja und sind wir doch mal ehrlich, würde nicht so mancher von uns, wenn es seine Familienmitglieder in irgendeiner Form treffen würde, nicht ähnlich reagieren? Wer bei den kleinsten Beschränkungsandrohungen gegenüber dem eigenen Hobby oft gleich nach dem Rechtsanwalt schreit, gehört meist auch zu jener Gruppe, die auf der anderen Seite zu denen zählen, die bei anderer Gelegenheit sofort nach drastischen Sanktionen und Kompensationen rufen und klagen. Demokratisch gewählte Politik heißt in diesem Fall „der Mehrheitsmeinung folgen und zwischen den Gruppen vermitteln“, wobei letztendlich die Mehrheit als entscheidender Faktor in einer Demokratie langfristig überwiegen wird. Für uns alle ist wohl klar erkennbar, wo sich für die Politik die „so genannte Mehrheit“ abzeichnet (siehe Kommentar zu Boyd et al. 2008).

Literatur

Boyd, C., T. M. Brooks, S. H. M. Butchart, G. J. Edgar, G. A. B. da Fonseca, F. Hawkins, M. Hoffmann, W. Sechrest, S. N. Stuart & P. P. van Dijk (2008): Spatial scale and the conservation of threatened species – Conservation Letters 1(1): 37-43 oder Abstract-Archiv.