Mansfield, K. L., M. L. Mendilaharsu, N. F. Putman, M. A. G. Dei Marcovaldi, A. E. Sacco, G. Lopez, T. Pires & Y. Swimmer (2017): First satellite tracks of South Atlantic sea turtle 'lost years': seasonal variation in trans-equatorial movement. – Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences 284(1868): 20171730.
Die ersten Satellitenüberwachungsdaten zu den „verlorenen Jahren“ für südatlantische Meeresschildkröten zeigen ein transäquatoriales Bewegungsmuster.
Für den südatlantischen Ozean gibt es nur wenige Daten für die Verbreitung junger Meeresschildkröten. Wir charakterisierten hier die Bewegungen von im Labor geschlüpften und herangezogenen einjährigen Unechten Karettschildkröten von brasilianischen Niststränden anhand neuer Telemetrietechniken, wobei wir untersuchten ob es Unterschiede in den Verteilungsmustern während der verschiedenen Jahreszeiten (Schlupfperioden) im Rahmen der Ablagesaison gibt die mit dem Wechsel der Meeresströmungen einhergehen. Ozeanographische Drifter (Strömungsmesser) neben den mit Radiotelemetriesendern bestückten Schildkröten ermöglichten es die Verteilungsmechanismen (passive Verdriftung versus aktiven Schwimmens) zu analysieren. Während der frühen Schlupfsaison bewegten sich die Schildkrötenschlüpflinge nach südwärts mit der starken Südströmung. Später in der Saison, wenn die Meeresströmung entgegengerichtet nach Norden umschwenkten wanderten die Schlüpflinge einheitlich nach Norden über den Äquator ab. Allerdings ergaben die Bewegungsmuster der Individuen unterschiedliche Richtungen als sie sich allein aus der Meeresströmungsrichtung ergeben würden. Die Daten zur Schwimmbewegung aus den Telemetrieanalysen im Abgleich mit den ozeanischen Zirkulationsmodellen lassen den Schluss zu, dass die Schwimmaktivität der Schlüpflinge dazu beiträgt sie in den Frontzonen der seewärts gerichteten Strömung vom Kontinentalschelf weggerichtet zu positionieren. Die langandauernde Nistsaison der adulten Schildkröten sowie das Schwimmverhalten der Schlüpflinge sorgt dafür, dass die jungen Schildkröten auf jahreszeitlich unterschiedliche ozeanische Strömungsbedingungen reagieren die dazu beitragen, dass ein Teil der Jungen in den Südatlantik wandert und andere in die nördliche Hemisphäre abwandern. Ein solches Abwanderungsmuster in unterschiedliche Richtungen schützt die Populationen gegenüber Umweltveränderungen oder vor vom Menschen verursachten Gefahren und trägt somit zur nachhaltigen Populationsstabilität bei.
Kommentar von H.-J. Bidmon
Wieder eine Erkenntnis die aufhorchen lässt und andeutet wie Meeresschildkröten innerhalb ihres „grenzenlosen“ Lebensraums Strategien entwickelt haben um z. B. den Klimaveränderungen auszuweichen. Sicher etwas was ihnen auch schon früher geholfen haben dürfte den erdgeschichtlich nachgewiesenen Klimaveränderungen zu trotzen. Letzteres hat ihnen sicher auch geholfen den lange zurückreichenden Überlebensrekord mit aufzustellen der es ihnen selbst über die Dinosaurier hinaus bis in unsere Zeit zu überleben und neue Formen zu entwickeln ermöglichte. Eigentlich eine Erfolgsgeschichte die weitergehen kann, wenn wir sie nicht vorher vergiften oder abfischen. Siehe auch Kommentare zu: Proietti et al, (2014) und Stiebens et al., (2013).
Literatur
Proietti, M. C., J. Reisser, L. F. Marins, M. A. Marcovaldi, L. S. Soares, D. S. Monteiro, S. Wijeratne, C. Pattiaratchi & E. R. Secchi (2014): Hawksbill × loggerhead sea turtle hybrids at Bahia, Brazil: where do their offspring go? – PeerJ 2: e255 oder Abstract-Archiv.
Stiebens, V. A., S. E. Merino, C. Roder, F. J. Chain, P. L. Lee & C. Eizaguirre (2013): Living on the edge: how philopatry maintains adaptive potential. – Proceedings of the Royal Society, Series B Biological Sciences 280(1763): 20130305 oder Abstract-Archiv.
Galerien
Caretta caretta – Unechte Karettschildkröte