Kell, S. J., N. Rollinson, R. J. Brooks & J. D. Litzgus (2022): Nesting in close quarters: causes and benefits of high-density nesting behaviour in Painted Turtles (Chrysemys picta). – Canadian Journal of Zoology 100(3): 208-218.
Die Eiablage in geschlossenen Flächen: Ursache und Vorteile für ein dichtgedrängtes Eiablageverhalten bei Zierschildkröten (Chrysemys picta).
Viele ovipare Reptilien platzieren ihre Nester in Gruppen mit einer zeitlichen Synchronizität. Wir stellen die Hypothese auf, dass dieses Verhalten durch die Attraktivität gegenüber Gleichartigen ausgelöst wird und weniger dadurch bedingt wird, dass die geeigneten Flächen zur Eiablage limitiert sind. Wir quantifizierten ob die Zierschildkröten (Chrysemys picta (Schneider, 1783)) im Algonquin Park, Ontario, Kanada gemeinsam ihre Nester anlegen und identifizierten die Signale die die Weibchen nutzen um den Nistplatz zu wählen und wir untersuchten ob der Schlupferfolg dort wo die Nester nahe beieinander angelegt worden waren höher lag. Wir beobachteten, dass die Nester dichter bei einander lagen als erwartet und dies durch Zufall zu erklären gewesen wäre wobei aber die individuelle Nistplatzauswahl nur schwach durch die Mikrohabitatcharakteristika beeinflusst war. Die Überlebensrate in den dicht nebeneinander platzierten Nestern war mit (49 %) nicht signifikant höher als in den solitär abgelegten Nestern (39 %). Wenn Schildkrötenmodelle auf die Nistböschungen platziert wurden legten die Weichen die meisten Nester nahe zu den Modellen an. Unter der Voraussetzung, dass die reproduktive Lebensdauer die Hauptachse für die Fitness liefert und wenn man davon ausgeht, dass es nur geringfüge Überlebensvorteile für Nester gibt die in Clustern abgelegt wurden vermuten wir, dass die geclusterte Nestplatzierung durch die Anwesenheit von Gleichartigen die Nester anlegen signalisiert wird, wobei der Ablagevorgang einen guten Ablageplatz signalisiert der durch das erste nistende Weibchen innerhalb des Clusters gewählt wurde. Dadurch ersparen sich die anderen Weibchen die Energie zur Suche eines eigenen Nistplatzes. Diese Strategie mag dazu beitragen die Zeit die die Weibchen an Land verbringen zu verringern, was das Risiko einer Austrocknung sowie für Temperaturstress und Beutegreifern zum Opfer zu fallen minimiert.
Kommentar von H.-J. Bidmon
Nun alle diese zuletzt angeführten Annahmen mögen zutreffen und die gemeinsame, synchrone Eiablage fördern. Allerdings sollte man die wenn auch nicht als signifikant herausgearbeiteten Vorteile von wenigen (in diesem Fall 10 %) Verbesserung bei Schlupferfolg nicht außeracht lassen. Warum? Nun, weil Selektion häufig ein Prozess ist der durch nur kleine positive Effekte getragen wird. Bei manchen Säugern weiß man, dass die Individuen die am Rand ihres Verbreitungsgebiets besiedeln oft um etwa 2 % geringer Gehirnmasse aufweisen als die Artgenossen im optimaleren Verbreitungsgebietszentrum und man kennt auch die Mechanismen die zu dieser Energieeinsparung führen allerdings wie man sieht ist sie mit 2 % gering und sehr schwer zu messen, weil man dazu sehr viele Individuen untersuchen muss um zu einem statistisch signifikanten Ergebnis zu kommen. Wir sollten uns also damit vertraut machen, dass evolutive Anpassungs- oder Veränderungsprozesse oft auch in sehr kleinen Schritten ablaufen. Diese kleinen Schritte aber in der Langzeitbetrachtung wesentlich größere Auswirkungen haben können insbesondere dann, wenn sie sich exponentiell aufsummieren.
Was wir aber hier auch wieder in Betracht ziehen müssen ist die beobachtete Diversität, denn anscheinend folgen nicht alle Weibchen diesem Prinzip einer gemeinsamen Eiablage. Diese Diversität trägt aber auch zur Widerstandsfähigkeit von Populationen bei, denn dort wo es vermehrt Beutegreifer gibt die gelernt haben solche gemeinschaftlich genutzten Nistplätze ausfindig zu machen kann der Verlust an Gelegen sehr schnell in die Höhe schnellen, so dass die Weibchen die solitär ablegen zu jenen werden die Population wenn auch niedrigerem Niveau aufrechterhalten. Wenn es also um die Beurteilung solcher Beobachtungen geht sollte man eigentlich auch den Kontext unter dem sich solche Verhaltensweisen erfolgreich herausselektionieren konnten mit betrachten, denn anderenfalls lassen sich aus solchen Beschreibungen keine allgemein zutreffenden Schlüsse ziehen.
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Chrysemys picta – Zierschildkröte