Keifer, J. & Z. Zheng (2017): Cold block of in vitro eyeblink reflexes: evidence supporting the use of hypothermia as an anesthetic in pond turtles. – Journal of Experimental Biology 220(23): 4370-4373.
Der durch Kälte blockierte Augenreflex: Beweise die für den Gebrauch der Hypothermie als Mittel zur Anästhesie bei Süßwasserschildkröten sprechen.
DOI: 10.1242/jeb.168427 ➚
Hypothermie als ein Mittel zur Anästhesie bei Amphibien und Reptilien wurde durch die Behörden verboten, die die Richtlinien für veterinärmedizinisches Vorgehen festlegen. Dies wurde vor kurzem von Mitgliedern der wissenschaftlichen Gremien aufgrund neuerer publizierter Literatur wieder infrage gestellt. Unter Verwendung von Süßwasserschildkröten (Trachemys scripta elegans) untersuchten wir den Einsatz der Hypothermie als Anästhesiemethode für Schildkröten vor deren Euthanasie durch Dekapitation. Die Schildkröten wurden zu diesem Zweck nach einem Protokoll abgekühlt welches von Hypothermie bis unter den Gefrierpunkt reichte. Körpertemperaturmessungen bewegten sich zwischen -1 und -2 °C während die Innere-Körpertemperatur bei -1 °C lag. Unter diesen Bedingungen wurde keine Eiskristallbildung beobachtet. Als ein Schutzreflex gegenüber schädigenden Einwirkungen gilt die Augenlidverschlussreaktion die wir dann bei diesen Tieren aufzeichneten und zwar anhand einer in vitro vorgenommenen Hirnstammpräparation unter Kälte. Es zeigte sich, dass es ab einer Temperatur von 5-6 °C zur Unterdrückung der Reflexreaktion kam was zeigt, dass ab da nur noch minimale synaptische Erregungsübertragung in den Schaltkreisen des Gehirns bei den zur Hypothermieinduktion genutzten Temperaturen möglich sind. Die hier vorgestellten Daten sowie früher erhobene Befunde legen nahe, dass eine Neuüberprüfung in Bezug auf die Anwendung der Hypothermie zur Anästhesie bei Amphibien und Reptilien empfehlenswert wäre.
Kommentar von H.-J. Bidmon
Eine für mein Dafürhalten äußerst sinnvolle Untersuchung, nicht weil Hypothermie billiger ist als teurere Narkosemittel, sondern weil die Nebenwirkungen äußerst gering sind was vielen Reptilien bei der postoperativen Erholung sehr hilft. Gerade bei Schildkröten ist die Narkose und Beatmung ein ernst zunehmendes Problem das immer wieder zu Komplikationen führt. Insofern halte ich die Hypothermie für ein gutes und schonendes Verfahren. Man sollte allerdings auch dabei nicht alles über einen Kamm scheren, Hypothermie sollte artspezifisch evaluiert werden, denn die dazu notwendigen Temperaturabsenkungen sind sicher für eine Waldbachschildkröte, Glyptemys insculpta andere als für eine Erdschildkröte, Rhinoclemmys pulcherrima sp.
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Trachemys scripta elegans – Rotwangen-Schmuckschildkröte