Rotwangen-Schmuckschildkröte, Trachemys scripta elegans, sitzt sonnend am Ufer – © Hans-Jürgen Bidmon

Hong - 2019 - 01

Hong, M., N. Li, J. Li, W. Li, L. Liang, Q. Li, R. Wang, H. Shi, K. B. Storey & L. Ding (2019): Adenosine Monophosphate-Activated Protein Kinase Signaling Regulates Lipid Metabolism in Response to Salinity Stress in the Red-Eared Slider Turtle Trachemys scripta elegans. – Frontiers in Physiology 10: 962.

Der Adenosinmonophosphat-aktivierte-Proteinkinase-Signalweg reguliert den Lipidstoffwechsel bei Salinitätsstress bei der Rotwangen-Schmuckschildkröte, Trachemys scripta elegans.

DOI: 10.3389/fphys.2019.00962 ➚

Rotwangen-Schmuckschildkröte, Trachemys scripta elegans, – © Hans-Jürgen Bidmon
Rotwangen-Schmuckschildkröte,
Trachemys scripta elegans,
© Hans-Jürgen Bidmon

Aquatische Tiere entwickelten verschiedenste Mechanismen um entweder hypersaline oder hyposaline Lebensräume zu nutzen und nur wenige sind fähig in beiden Lebensräumen zu überleben. Die Rotwangen-Schmuckschildkröte, Trachemys scripta elegans ist eine gut untersuchte Süßwasserspezies bei der man kürzlich beobachtete, dass sie auch in Brackwasserhabitate einwandert. Hier fokussieren wir uns auf einige der metabolischen Anpassungen die notwendig sind um unter Salinitätsstress zu überleben. Die Regulation der Adenosinmonophosphat (AMP)-Aktiverten–Proteinkinase (AMPK) stellt den hauptsächlichen Sensor für zelluläre Energie dar, wobei wir deren Einfluss auf den Lipidstoffwechsel untersuchten indem wir eine Kontrollgruppe mit zwei Schildkrötengruppen unter Salinitätsstress von 5‰ (Promille, (S5)) oder 15‰ (S15) Salzgehalt verglichen. Die Untersuchungen erfolgten nach 6, 24 und 48 Stunden sowie nach 30 Tagen. Die dem höheren Salzgehalt von 5 oder 15‰ ausgesetzten Tiere erhöhten ihre Expression der AMPK mRNS – Spiegel sowie der AMPK – Enzymaktivität stark. Zudem zeigten sie eine hohe Expression des Peroxisomproliferator-aktivierten–Rezeptors-α (PPARα)–Transkriptionsfaktors der wiederum die Hochregulation von Zielgenen einschließlich der Carnitin-Palmitoyltransferase (CPT) und der Acyl-CoA-Oxidase (ACO) bedingte. Zusätzlich wurde die Expression von Transkriptionsfaktoren die in die Lipidsynthese involviert sind wie das Carbohydrat-reaktive-Elementbindungsprotein (ChREBP) und das Regulationselement-Bindungsprotein 1c (SREBP-1c) sowie zwei ihrer Zielgene, Acetyl-CoA-Carboxylase (ACC) und die Fettsäuresynthase (FAS) signifikant gehemmt bzw. herunterreguliert. Zeitgleich sorgte die Hypersalinität für einen Anstieg der Plasmatriglycerid (TG)-Spiegel. Interessanterweise zeigte die S15-Gruppe nach 30 Tagen auch höhere Gehalte an Niedriger-Dichte –Lipoprotein – Cholesterol (LDL-C) und Gesamtcholesterol (TC) im Plasma im Vergleich zur Kontrollgruppe. Letzteres zeigt, dass der Lipidstoffwechsel nach 30 Tagen chronisch hohen Salinitätsstress unterbrochen ist. Diese Ergebnisse zeigen, dass die Aktivierung der AMPK den Lipidstoffwechsel bei Salinitätsstress durch Hemmung der Lipidsynthese und durch eine Förderung der Lipidoxidation in der Leber von T. s. elegans reguliert. Diese Regulation kann eine wichtige Komponente für den beobachteten Anpassungsprozess der Salzwassertoleranz bei der Invasion von Brackwasserhabitaten darstellen.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Sicher ist mir klar, dass diese physiologisch-biochemische Studie der Enzym- und Fettstoffwechselregulation nicht für alle Leser/innen gleich verständlich ist, aber darum geht es eigentlich bei einer nicht ganz so wissenschaftlichen globalen Betrachtung gar nicht. Was hier entscheidend und beispielhaft zum Ausdruck kommt ist, dass Plastizität als Lebensraumanpassung sich eben nicht nur auf die häufig adressierten morphologischen Anpassungen sowie auf die Adaptionen in Bezug auf das Verhalten und die Nahrungsauswahl beziehen. Nein, es benötigt ganz klar auch biochemische Anpassungen, die wie hier über Veränderungen bei den Genexpressionsmustern unter Einfluss eines erhöhten Salzgehalts im Wasser induziert werden. Sicher mag sich so mancher fragen warum gerade der Fettstoffwechsel davon betroffen ist? Nun, eine Erklärung liegt sicher darin begründet, dass Lipide und Cholesterol einen wichtigen Bestandteil von Zellmembranen ausmachen und diese müssen sich dem erhöhten Salzgehalt und den veränderten osmotischen Bedingungen anpassen können. Zudem verbraucht Lipidstoffwechsel eine Menge Energie die bei geringerem, dem Zellinneren entsprechenden mehr isoosmotischen oder isoinonischen Bedingungen eingespart werden kann, während bei zu hohem Salzgehalt wie bei der S15 – Gruppe zudem andere Gleichgewichte in Bezug auf die Plasmalipidgehalte eingestellt werden müssen. Was wir aber dabei im Gedächtnis behalten sollten ist, das Habitatanpassungen auf allen Ebenen vom Individuum, der Population bis hin zur Art und Gattung eine Grundvorsetzung für Überlebensfähigkeit darstellt die es auch bei Erhaltungsmaßnahmen zu berücksichtigen gilt (siehe dazu auch die Kommentare zu Roth & Krochmal, (2018); Roth et al., (2019) oder Bidmon, 2019).

Literatur

Bidmon, H.-J. (2019): Praktisch muss es sein! Ästhetik versus Nutzen und Zielsetzung in der Tierhaltung: Ein mahnender Kommentar zu aktuellen Entwicklungen. – Schildkröten im Fokus 16(3): 12-25 ➚.

Roth, T. C. II & A. R. Krochmal (2018): Of molecules, memories and migration: M1 acetylcholine receptors facilitate spatial memory formation and recall during migratory navigation. – Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences 285(1891) oder Abstract-Archiv.

Roth, T. C. II, A. R. Krochmal & L. D. LaDage (2019): Reptilian Cognition: A More Complex Picture via Integration of Neurological Mechanisms, Behavioral Constraints, and Evolutionary Context. – Bioessays 41(8): e1900033 oder Abstract-Archiv.

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