Eisemberg, C. C., S. J. Reynolds, K. A. Christian & R. C. Vogt (2017): Diet of Amazon river turtles (Podocnemididae): a review of the effects of body size, phylogeny, season and habitat. – Zoology (Jena) 120: 92-100.
Die Nahrung der Amazonas-Flussschildkröten (Podocnemididae): Ein Review über den Einfluss von Körpergröße, Phylogenie, Saison und Habitat.
DOI: 10.1016/j.zool.2016.07.003 ➚
Die Zuflüsse des Amazonas kann man anhand ihrer Herkunft und ihrer Sedimente, ihres Nährstoffgehalts und Vegetation in drei Gruppen unterteilen (Schwarz-, Weiß- und Klarwasser). Weißwasserflüsse haben eine hohe Menge an Sedimenten und zeigen eine hohe Primärproduktivität mit einer hohen Anzahl und Dichte an Wasser- und Uferpflanzen. Im Gegensatz dazu sind die Schwarzwasserzuflüsse sehr sauer und nährstoffarm, umgeben von unfruchtbarem Überschwemmungsflächen, die aber das Wachstum von Pflanzenarten fördern, die ein außergewöhnlich reiches Repertoire an sekundären chemischen Abwehrstoffen besitzen, die sie vor dem Abfressen schützen. In dieser Studie trugen wir die Informationen über die Nahrung der Amazonas-Halswenderflussschildkröten (Familie Podocnemididae) zusammen. Unser Ziel war es die Beziehungen zwischen Wassertyp und der Nahrung der Mitglieder dieser Familie zu analysieren. Wir berücksichtigten auch die saisonalen Einflüsse, sowie die von Geschlecht, Alter, Geschlecht und der Phylogenie. Basierend auf unseren Review sind alle Schildkröten dieser Familie als primäre Pflanzenfresser (Herbivore) einzustufen, die aber auch je nach Gelegenheit als so genannte Opportunisten (omnivor) auftreten, wobei sie im Allgemeinen und je nach Art 46 bis zu 99 % (Volumenprozent) an Pflanzen fressen. Letzteres wird auch vom Geschlecht, der Jahreszeit und den Aufenthaltsorten mit beeinflusst. Es ergaben sich aber keine signifikanten Korrelationen zwischen der maximalen Carapaxgröße der jeweiligen Art und den gefressenen Pflanzen. Wenn wir die verfügbaren Informationen zur Nahrung, der Körpergröße und dem Habitat nach der phylogenetischen Abstammung ordneten und auswerteten ergaben sich keine erkennbaren phylogenetischen Trends. Die physikalisch-chemischen Eigenschaften des bewohnten Gewässertyps hatten einen direkten Einfluss auf die durchschnittliche Gesamtpflanzenmenge die verzehrt wurde. Arten die in ihrem Magen keine Spezialisierungen für eine herbivore Ernährung aufwiesen verzehrten aber weit weniger schwerverdauliche Pflanzen (z. B. Blätter, Sprossen und Stängel). Wir vermuten, dass die Schildkröten mit einem spezialisierten Verdauungstrakt Vorteile in Schwarzwasserflüssen haben, wo die Pflanzen gewöhnlich bessere chemische Abwehrmechanismen zeigen. Trotz der Limitierungen die die zum Thema publizierten Arbeiten aufweisen verweist unser Review auf ein allgemeingültiges Muster für die Ernährungsweise der Podocnemididae und sie zeigt wo noch weitere Forschungsarbeit gebraucht wird.
Kommentar von H.-J. Bidmon
Die Frage, die sich hier stellt, ist die nach den Spezialisierungen des Verdauungstrakts. Sicher gibt es strukturell identifizierbare Anpassungen an die Nutzung sehr harter und ballaststoffreicher Nahrung. Allerdings, spezielle Anpassungen an die Nutzung so genannter giftiger Pflanzen muss man nicht unbedingt nur auf der strukturellen Ebene suchen, denn viele Lebewesen nutzen wie wir heute wissen eine ganz bestimmte Darmflora (oder Mikrobiom), um ihre Nahrung aufzuschließen und zu entgiften.