Strahlenschildkröte, Astrochelys radiata, ein Männchen frisst Blätter des Spindelstrauchs oder Pfaffenhütchens, Euonymus europaeus, – © Hans-Jürgen Bidmon

Doody - 2011 - 01

Doody, J. S.; C. M. Castellano, R. Rakotondrainy, W. M. Ronto, T. M. Rakotondriamanga, J. J. Duchene & Z. Randria (2011): Aggregated Drinking Behavior of Radiated Tortoises (Astrochelys radiata) in Arid Southwestern Madagascar. – Chelonian Conservation and Biology 10(1): 145-152.

Kollektives Trinkverhalten von Strahlenschildkröten (Astrochelys radiata) im trockenen südwestlichen Madagaskar.

DOI: 10.2744/CCB-0850.1 ➚

Strahlenschildkröte, Astrochelys radiata, – © Hans-Jürgen Bidmon
Strahlenschildkröte,
Astrochelys radiata,
© Hans-Jürgen Bidmon

Während eines Erfassungsprogramms im trockenen südwestlichen Teil von Madagaskar beobachteten wir zu Beginn der Regenzeit eine große Ansammlung von ca. 100 Strahlenschildkröten (Astrochelys radiata) innerhalb eines 80 m langen Abschnitts eines ausgetrockneten Bachbetts. Die Schildkröten erwarteten dort den Regen und als die Niederschläge einsetzten, begannen sie sofort aus kleinen Bodensenken, in denen das Wasser zusammenlief, zu trinken. Wir diskutieren potentielle Mechanismen und Konsequenzen sowie deren Verhalten. Dabei ziehen wir auch Vergleiche zu sehr ähnlichen Mechanismen, die in einer Wüstenregion bei Wüstenschildkröten (Gopherus agassizii) beobachtet und beschrieben worden sind.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Diese Arbeit deutet neben der eigentlichen interessanten Beobachtung, dass sich die Strahlenschildkröten an einem bestimmten Platz schon vor dem Einsetzen des Regens versammeln auf eine gewisse Sozialstruktur hin, die, wenn sie zutrifft, ein soziales Lernvermögen voraussetzen würde. Warum? Nun, weil es zum Einen bei der festgestellten Dichte der Tiere zu einer gewissen Sozialstruktur kommen muss, um diese Aggregation möglichst stressfrei zu gestalten und weil nur ein bestimmter Abschnitt des Bachbetts ausgewählt wurde, was vermuten lässt, dass die Tiere es dort als sicher genug ansehen, um nicht bei einer entsprechenden Flutwelle dem Wasser zum Opfer zu fallen. Sicher Letzteres müsste noch durch wiederholte genauere Untersuchungen abgesichert werden, aber die Vermutung liegt nahe. Wenn sie zutreffen würde, dann müsste man davon ausgehen, dass neu in diese Population hineinwachsende Tiere sehr wahrscheinlich von den Älteren lernen, wann und wo man auf Wasser warten kann. (siehe: Vinke & Vinke 2003, Strong & Walde 2006, Wilkinson et al. 2010). Zudem wird auch hier klar, dass die Tiere in der Regel eine sieben Monate andauernde Trockenzeit überstehen müssen. Etwas das in dieser Form bisher in keiner Tierhaltung berücksichtigt wird (siehe Kommentar zu Ritz et al. 2010).

Literatur

Ritz, J., E. M. Griebeler, R. Huber & M. Clauss (2010): Body size development of captive and free-ranging African spurred tortoises (Geochelone sulcata): high plasticity in reptilian growth rates. – Herpetological Journal 20(3): 213-216 oder Abstract-Archiv.

Strong, J. N. & A. D. Walde (2006): Geochelone carbonaria (Red-footed Tortoise) swimming. – Herpetological Review 37(4): 457-458 oder Abstract-Archiv.

Vinke, T. & S. Vinke (2003): Eine ungewöhnliche Überlebensstrategie der Köhlerschildkröte Geochelone carbonaria im Chaco Boreal Paraguays. – Radiata, Lingenfeld 12(3): 21-31.

Wilkinson, A., K. Kuenstner, J. Mueller & L. Huber (2010): Social learning in a non-social reptile (Geochelone carbonaria). – Biology Letters 6(5): 614-616 oder Abstract-Archiv.

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