Zierschildkröte, Chrysemys picta, im Gartenteich – © Hans-Jürgen Bidmon

Constanzo - 2004 - 01

Constanzo, J. P., S. A. Dinkelacker, J. B. Iverson & R. E. Lee (2004): Physiological ecology of overwintering in the hatchling painted turtle: Multi-scale variation in response to environmental stress. – Physiological and Biochemical Zoology 77(1): 74-99.

Die Physiologie und Ökologie von überwinternden Schlüpflingen der Zierschildkröte: Mehrere Variationen als Folge von Umweltstress

DOI: 10.1086/378141 ➚

Chrysemys picta, – © Hans-Jürgen Bidmon
Zierschildkröte, Chrysemys picta,
© Hans-Jürgen-Bidmon

Wir kombinierten Feld- und Laborstudien zur Untersuchung der Wasserbalance, dem Energieverbrauch und der Frostresistenz bei Schlüpflingen der Zierschildkröte (Chrysemys picta) im westlichen bis zentralen Nebraska (Chrysemys picta bellii) und im nördlichen Indiana (Chrysemys picta marginata) während der Winter 1999-2000 und 2000-2001. Untersucht wurden 184 Gelege, aus 80 davon wurden insgesamt (n=580) Schlüpflinge sowie Bodenproben für die Laboranalysen verwendet. Während der Winter von 1999-2000 relativ trocken und mild war, war der folgende Winter nass und kalt, erwartungsgemäß zeigte sich dieser Kontrast in einer deutlichen Plastizität (Veränderung im Sinne von Anpassung) der physiologischen Reaktionen auf diese Umwelteinflüsse. Sowohl die physiologischen Anpassungen als auch die Frostresistenz variierte auch zwischen den einzelnen Standorten, wobei meist die Unterschiede in Niederschlagsmenge und in den Bodenverhältnissen sowie die minimale Nesttemperatur (bis zu -13.2 °C) der in Nebraska vorkommenden Schildkröten, beitrug. In Nebraska lag die natürliche, winterliche Mortalitätsrate in den untersuchten Gelegen bei 12,5 % (1999-2000) und bei 42,3 % (2000-2001), wohingegen keine Todesfälle in den Gelegen in Indiana beobachtet werden konnten. Laboruntersuchungen zeigten, dass bei Schlüpflingen von Chrysemys picta die Frostresistenz gegen intrazelluläre Eiskristallbildung mit Beginn des Winters ansteigt. Allerdings war der Grad der intrazellulären Eisbildung in hohem Maße abhängig von den physikalischen Bedingungen des Nestsubstrats einschließlich seines Feuchtigkeitsgehalts, welcher saisonalen Schwankungen unterlag. Das Risiko der intrazellulären Eisbildung (Mortalität) war am höchsten in der Mitte des Winters, wenn die Temperaturen ihr Minimum erreichten und die Ausbreitungsaktivität vorhandener Eiskerne anstieg. Die Wasserbalance der Schlüpflinge selbst war abhängig von der Dynamik der lokalen Niederschlagsmenge und der daraus resultierenden Bodenfeuchte, wohingegen der Energieverbrauch und die Größe der im Frühjahr noch vorhandenen Energiereserven der Schlüpflinge sehr stark von den winterlichen Temperaturverläufen abhingen. Ein akutes Abkühlen (plötzlicher Temperatursturz zu Winteranfang) führte zur Hyperglykämie und Hyperlactämie, die über den gesamten Winter bestehen blieb, wobei diese Reaktionen des Organismus als kryoprotektiv angesehen werden könnten. Einige der physiologischen Anpassungen sowie die Frostresistenz variierten in vielfältiger Weise, so z. B. zwischen den Jahren und Orten, zwischen verschiedenen Nestern innerhalb der gleichen Population am gleichen Ort und sogar zwischen Geschwistertieren aus einem Gelege. Eine solche Variationsbreite verweist auf adaptive, phänotypische Plastizität (individuelle Anpassungsmuster), die vom mütterlichen oder väterlichen Einfluss abhängen können (Erbfaktoren, Dottermenge, Eiinhaltsstoffe etc.) und somit dazu beitragen können, dass individuelle Anpassungen an Umweltveränderungen möglich sind. Es gibt einige Belege dafür, dass die zurückliegenden Lebensbedingungen einer Population einen Einfluss auf die Gelegegröße und Körpergröße haben, wobei insbesondere ein raues winterliches Klima eine Rolle spielt.

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