Zierschildkröte, Chrysemys picta, im Gartenteich – © Hans-Jürgen Bidmon

Roth - 2021 - 01

Roth, A. D., A. R. Krochmal & T. C. Roth (2021): Contribution to the special issue on reptile cognition: Context-specific cue use in the Eastern painted turtle (Chrysemys picta) and its effects on decision making. – Behaviour 158(12-13): 1101-1120.

Beitrag zur Sonderausgabe über Reptilienkognition: Kontext-spezifische Anwendungen bei Östlichen Zierschildkröten (Chrysemys picta) und deren Auswirkungen auf die Entscheidungsfindung.

DOI: 0.1163/1568539X-bja10093 ➚

Zierschildkröte, Chrysemys picta, – © Hans-Jürgen Bidmon
Zierschildkröte, Chrysemys picta,
© Hans-Jürgen-Bidmon

Viele Arten erwägen beides: Vorerfahrungen und den Kontext der aktuellen Situation um Verhaltensentscheidungen zu treffen. Hier untersuchten wir den Einfluss von früheren Erfahrungen und neuen Situationsstimuli auf die Entscheidungsfindung bei Östlichen Zierschildkröten (Chrysemys picta). Wir nutzten die freie Armauswahl auf einem Y-Maze (Y-armiger Laufsteg) um damit die Präferenzen von Schildkröten für die Wellenlänge und Intensität von Lichtreizen zu testen. Anschließend wurden naive Schildkröten darauf trainiert die Auswahl eines bestimmten Arms mit einer Futterbelohung zu assoziieren und danach testen wir dann die Relevanz der Lichtfarbe und der Lichtintensität für die Schildkröten in Bezug auf ihre Entscheidung einen entsprechenden Arm aufzusuchen. Dabei zeigte sich, dass die Schildkröten den grell beleuchten Arm selbst dann vermieden, wenn es der war der normalerweise Futter als Belohung lieferte. Wenn die Beleuchtungsintensität auf beiden Armen gleich war und zwar unabhängig von der Intensität wählten die Schildkröten immer den Arm aus auf dem sie zuvor immer eine Futterbelohung erhalten hatten. C. picta zeigte in unserer Studie eine schwache Bevorzugung von blauem Licht und eine sehr starke Vermeidung von gelben Licht, eine Verhaltensreaktion die generell mit der übereinstimmt die man bei Meeresschildkröten beobachtet hat. Zukünftige Studien sollten untersuchen welche ökologische und evolutionäre Relevanz die Entscheidungsfindungen bei Tests unter Freilandbedingungen für die Schildkröten haben.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Nun solche Studien sind interessant, liefern aber in Bezug auf das Treffen von kontextabhängigen Entscheidungen keine wirklich neuen Erkenntnisse, da wir dieses kontextabhängige Entscheiden aus vielen Beobachtungen und Erfahrungen kennen. Insbesondere beim Beutegreifervermeidungsverhalten wurde das schon deutlich (siehe Ibáñez et al., 2018; Poschadel et al. 2006) denn auch da geht es darum eine kontextabhängige Entscheidung zu treffen, aber auch in Bezug auf die eigene Futterbeschaffung (siehe z. B. Alcott et al., 2020) wo die Schildkröten sich auch für geeignetste Stelle zum Beutemachen aktiv entscheiden müssen. Selbst bei der Haltung in menschlicher Obhut reicht es ja oft, wenn die Schildkröten den Pfleger*in nur vorbeigehen sehen, dass sie sich dazu entscheiden um Futter zu betteln. Interesanter für die Haltung auch für Nachzuchtprojekte finde ich hier das starke Vermeidungsverhalten gegenüber grellen gelben Lichts, denn unsere artifiziellen Beleuchtungen emmitieren ja oft einen hohen Weiß-Gelbanteil der eventuell dazu beitragen könnte, dass die jeweilige Spezies einem Dauerstress ausgesetzt sein könnte. Insofern wäre ein Test der Lichtauswahl bei den verschiedensten Spezies durchaus dazu geeignet die Haltungs- und Aufzuchtbedingungen zu verbessern.

Literatur

Alcott, D., M. Long & T. Castro-Santos (2020): Wait and snap: eastern snapping turtles (Chelydra serpentine) prey on migratory fish at road-stream crossing culverts. – Biology Letters 16(9): 20200218 oder Abstract-Archiv.

Ibáñez, A., J. Martín, A. Gazzola & D. Pellitteri-Rosa (2018): Freshwater turtles reveal personality traits in their antipredatory behaviour. – Behavioural Processes 157: 142-147 oder Abstract-Archiv.

Poschadel, J. R., Y. Meyer-Lucht & M. Plath (2006): Response to chemical cues from conspecifics reflects male mating preference for large females and avoidance of large competitors in the European pond turtle, Emys orbicularis. – Behaviour 143(5): 569-587 oder Abstract-Archiv.

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