Rotwangen-Schmuckschildkröte, Trachemys scripta elegans, sitzt sonnend am Ufer – © Hans-Jürgen Bidmon

Parham - 2020 - 01

Parham, J. F., T. J. Papenfuss, A. B. Sellas, B. L. Stuart & W. B. Simison (2020): Genetic variation and admixture of red-eared sliders (Trachemys scripta elegans) in the USA. – Molecular Phylogenetics and Evolution 145: 106722.

Die genetische Variationsbreite und die Durchmischung der Rotwangen-Schmuckschildkröten (Trachemys scripta elegans) in den USA.

DOI: 10.1016/j.ympev.2019.106722 ➚

Rotwangen-Schmuckschildkröte, Trachemys scripta elegans, – © Hans-Jürgen Bidmon
Rotwangen-Schmuckschildkröte,
Trachemys scripta elegans,
© Hans-Jürgen Bidmon

Die am häufigsten verbreitete und invasivste Wasserschildkröte der Erde ist Trachemys scripta elegans (TSE, „red-eared slider“). Sie ist gleichzeitig eine von vier Taxa einer für die USA und das angrenzende Mexiko als einheimisch zu bezeichnende Klade (drei Unterarten von Trachemys scripta plus Trachemys gaigeae). Die hier durchgeführte verbreitungsgebietsübergreifende Studie dieser Klade basiert auf 173 mt-DNS-Sequenzen aus bekannten Herkunftslokalitäten in Kombination mit ddRAD-Datensammlungen für 43 Proben aus dem westlichen Teil des Verbreitungsgebiets für TSE und der Kontaktzone zu T. gaigeae und durch den Menschen verursachte Einbringung von Hybriden zwischen TSE und T. s. scripta. Die hier vorgestellten Daten sind die ersten die sich auf Proben aus der Überschneidungszone von TSE x T. s. scripta oder auf eingeschleppte TSE x T. s. scripta Kreuzungen ausgesetzter Schildkröten beziehen. Im westlichen Verbreitungsgebiet (New Mexico und Texas) besitzen die meisten der im Pecosfluss vorkommenden TSE mtDNS-Haplotypen die denen von T. gaigeae gleich sind. Die Strukturanalysen der SNP’s aus den ddRAD’s liefern Beweise für eine genetische Durchmischung von T. gaigeae und TSE und zwar in allen Proben aus den Flüssen Rio Grande und Pecos. Diese Populationen zeigen auch die für T. gaigae typischeren Kopfstreifen, z. B. die Postorbitalstreifen reichen nicht bis zu den Augen. Der Abgleich der genetischen und morphologischen Daten belegt, dass es sich hier um TSE-Mischlinge handelt. Wir empfehlen aber dennoch, dass diese Populationen weiterhin als TSE bezeichnet werden obwohl sie mit T. gaigae durchmischt sind. In den östlichen USA zeigen die Proben von der morphologisch intermediären Unterart T. s. troostii, dass sie sich genetisch nicht von TSE unterscheiden lassen und einige der Proben zeigen morphologische Charaktere und eine genetische Zugehörigkeit zu T. s. scripta. Basierend auf diesen Feststellungen schließen wir, dass das Taxon T. s. troostii die Hybriden aus TSE und T. s. scripta repräsentiert und dass es deshalb nicht länger als valides Taxon angesehen werden sollte. Nahe der ohnehin schon etablierten Hybridisierungszone von TSE und T. s. scripta zeigt sich, dass die TSE-mtHaplotypen mittlerweile auf natürliche Weise in als typisch aussehende T. s. scripta in Georgia eingewandert (Introgression) sind. Hybriden zwischen eingeschleppten TSE und T. s. scripta sind aber auch schon für zentraler gelegene Bereiche des natürlichen Verbreitungsgebiets von T. s. scripta in South Carolina und Virginia bestätigt. Aufgrund der Beispiele von ausgewilderten Hybriden im Zentrum des T. s. scripta Verbreitungsgebiets sowie auch in vielen anderen Lokalitäten kann man die Gefahr der genetischen Durchmischung (Verunreinigung) der T. s. scripta Bestände als längst gegeben und etabliert ansehen.

Gelbwangen-Schmuckschildkröte, Trachemys scripta scripta, – © Hans-Jürgen Bidmon
Gelbwangen-Schmuckschildkröte,
Trachemys scripta scripta,
© Hans-Jürgen Bidmon

Kommentar von H.-J. Bidmon

Voran sei erwähnt, dass die Arbeit durch eine gute Verbreitungskarte für die Hybridformen und durch gute Fotodokumentationen zu den Formen ergänzt ist. Man kann darüber denken wie man will, aber letztendlich sehen wir hier Evolution auch wenn so Manche/r sie als unnatürlich ansehen mögen. Das Unnatürliche daran mag die Beteiligung und Beschleunigung dieser Vorgänge durch den Menschen sein, aber letztendlich sind auch wir nur eine Spezies auf diesen Planeten und anscheinend tun wir das Gleiche wie viele andere Spezies auch, denn auch z. B. Zugvögel mögen so manches Insekt oder so manchen Parasiten über Kontinente hinweg verbreiten. Wir halten uns zwar für abstrakt denkende intelligente Wesen mit Bewusstsein, aber diesbezüglich verhalten wir uns in den meisten Fällen genauso wie alle anderen Lebewesen, lediglich mit dem Unterschied, dass es uns zumindest im Nachhinein eben bewusster werden mag. Ich kann mich zwar täuschen, aber dennoch glaube ich, dass es gerade diese Vorgänge sind die uns darauf hinweisen, dass die Evolution, wenn auch auf einem anderen Niveau als wir es noch kennengelernt haben, weitergehen wird und sie längst noch nicht am Ende ist wie es von Glaubrecht (2019) so schön betitelt wurde. Ja und daraus kann sich ja wie die Vergangenheit auch zeigt wieder Vielfalt entwickeln. Es bleibt lediglich unklar welche Rolle die Nachkommen unserer eignen Spezies dabei noch spielen werden.
Ein anderer Aspekt der uns auch zu denken geben sollte ist die Erkenntnis, dass selbst so invasive und proliferierende Arten durchaus in ihrem Ursprungsgebiet bedroht sein können wie das von Brown et al., (2012) und Ceballos & Fitzgerald (2004) beschrieben wurde. Dies trifft nicht nur auf
T. s. elegans zu. Letzteres zeigt aber auch wie gravierend die Einflussnahme des Menschen auf bestimmte ökologische Nischen geworden ist, wenn selbst so gut adaptierbare und proliferierende Arten dort wo sie sich eigentlich am besten integriert haben sollten durch ihn bedroht werden. Siehe diesbzgl auch die Kommentare zu Vinke & Vinke (2016).

Literatur

Brown, D. J., A. D. Schultz, J. R. Dixon, B. E. Dickerson & M. R. J. Forstner (2012): Decline of Red-Eared Sliders (Trachemys scripta elegans) and Texas Spiny Softshells (Apalone spinifera emoryi) in the Lower Rio Grande Valley of Texas. – Chelonian Conservation and Biology 11(1): 138-143 oder Abstract-Archiv.

Ceballos, C. P. & A. A. Fitzgerald (2004): The trade in native and exotic turtles in Texas. – Wildlife Society Bulletin 32(3): 881-892 oder Abstract-Archiv.

Glaubrecht, M. (2019): Das Ende der Evolution. – Bertelsmann Verlag, München S. 1071.

Vinke, T. & S. Vinke (2016): Acanthochelys pallidipectoris. – The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T75A3139283 oder Abstract-Archiv.

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