Gelbliche Klappschildkröte, Kinosternon flavescens, Muttertier mit Jungtier – © John B. Iverson

Iverson - 2017 - 01

Iverson, J. B., R. S. Stahl, C. Furcolow & F. Kraus (2017): An evaluation of the use of pentosidine as a biomarker for ageing turtles. – Conservation Physiology 5(1): cow076.

Eine Untersuchung zum Gebrauch von Pentosidin als biologischer Marker für alternde Schildkröten.

DOI: 10.1093/conphys/cow076 ➚

Gelbliche Klappschildkröte, Kinosternon flavescens, – © John B. Iverson
Gelbliche Klappschildkröte,
Kinosternon flavescens,
Muttertier mit Jungtier
© John B. Iverson

Das Bestimmen der Konzentration des biologischen Markers Pentosidin liefert ein gutes Maß für das Alter für eine große Zahl an Vogelspezies und Säugetierspezies. Allerdings gibt es keine Studien die die Verwendung dieses biologischen Markers für langlebige, ektotherme (wechselwarme) Spezies überprüft hätten obwohl ein solcher Altersanzeiger sehr hilfreich zum Studium der Altersverteilung innerhalb von Populationen für Erhaltungsmaßnahmen sein würde. Deshalb untersuchten wir hier die Pentosidinkonzentrationen in den Schwimmhäutchen zwischen den Zehen bei 117 weiblichen Gelben Schlammschildkröten (Kinosternon flavescens) in einem Untersuchungsgebiet im westlichen Nebraska das seit 35 Jahren überwacht wird und indem für nahezu alle Schildkröten das Alter bekannt ist. Die gemessenen Pentosidinkonzentrationen waren extrem niedrig und sie waren positiv mit dem Alter der Schildkröten korreliert, aber die Konzentrationen zwischen den einzelnen Individuen der Population waren zu variabel um das unbekannte Alter von Schildkröten genau zu bestimmen. Dieses Ergebnis könnte eine bemerkenswerte physiologische Anpassung dieser Schildkrötenpopulation an niedrige Temperaturen und einen sauerstoffarmen sehr ausgeprägt saisonalen Lebensraum widerspiegeln in dem sehr lange Überwinterungszeiten essentiell sind. Ob Pentosidinkonzentrationen bei anderen ektothermen Spezies die weniger saisonal geprägte Lebensräume besiedeln deutlicher mit dem Alter korrelieren würden müsste noch untersucht werden. Allerdings lassen unsere Ergebnisse vermuten, dass das Muster der Pentosidinakkumulation in ektothermen Tieren grundsätzlich von der Situation die man bei warmblütigen endothermen Tieren beobachtet abweicht.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Eine Arbeit die erst einmal wieder auf eine der wenigen sehr interessanten Langzeitstudien für Schildkröten verweist. Was hat es mit dem Pentosidin auf sich? Pentosidin ist ein Abbauprodukt aus dem Kollagenstoffwechsel welches sich mit zunehmendem Alter im Gewebe bei warmblütigen Tieren anreichert und daher zur biochemischen Altersbestimmung genutzt werden kann. Bei wechselwarmen Tieren oder zumindest bei diesen Schildkröten scheinen die Konzentrationen dabei sehr niedrig zu sein, ob das ein Hinweis darauf ist, dass der Kollagenstoffwechsel bei ihnen anders verläuft oder ob das Schildkrötenkollagen bei Tieren die wie bei dieser Population sehr lange Ruhezeiten mit sehr reduzierten Stoffwechsel verbringen weniger schnell altert ist noch unklar. Allerdings kann man davon ausgehen, dass wenn der Gesamtstoffwechsel stark reduziert ist auch der Kollagenstoffwechsel sprich Auf-, Ab- und Umbau reduziert ist und deshalb sich auch weniger Pentosidin ansammelt. Letzteres wäre dann wohl ein starker Hinweis darauf, dass zumindest viele Organe mit kollagenem Grundgerüst und das Bindegewebe bei Schildkröten mit langen natürlichen Ruhephasen entsprechend langsamer altern würde. Im Umkehrschluss würde das aber bedeuten, dass diese Gewebe bei Schildkröten denen man die natürlichen Ruhephasen vorenthält auch schneller altern könnten. Letzteres wäre durchaus auch einmal ein Untersuchungsziel um festzustellen um wie viel schneller Schildkröten in menschlicher Obhut mit häufig verkürzten Ruhephasen wirklich altern würden. Siehe auch Kommentar zu Ritz et al., (2012).

Literatur

Ritz, J., M. Clauss, W. J. Streich & M. Hatt (2012): Variation in Growth and Potentially Associated Health Status in Hermann’s and Spur-Thighed Tortoise (Testudo hermanni and Testudo graeca). – Zoo Biology 31(6): 705-717 oder Abstract-Archiv.

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