Gewöhnliche Moschusschildkröte, Sternotherus odoratus, – © Hans-Jürgen Bidmon

Thiem - 2022 - 01

Thiem, L. R. & C. M. Gienger (2022): Hold on for One More Day: Energetic Costs of Oviductal Egg Retention in Eastern Musk Turtles ( Sternotherus odoratus). – Physiological and Biochemical Zoology 95(4): 279-287.

Für einen Tag länger zurückhalten: Die Energiekosten für die Eizurückhaltung im Eileiter bei der Östlichen Moschusschildkröte (Sternotherus odoratus).

DOI: 10.1086/720159 ➚

Gewöhnliche Moschusschildkröte, Sternotherus odoratus, – © Hans-Jürgen Bidmon
Gewöhnliche Moschusschildkröte,
Sternotherus odoratus,
© Hans-Jürgen Bidmon

Bei oviparen Reptilien beschränkt sich die elterliche Fürsorge oft auf Energiemenge die sie vor der Eiablage in ihre Embryonen investieren. Die sich reproduzierenden Weibchen können somit ihre Energieressourcen in die Vitellogenese (Dotterbildung) investieren und die Anzahl und die Größe der Eier darüber festlegen. Ebenso können sie darüber die Befruchtung, die Eischalenbildung, die Zeit der Eizurückhaltung im Ovidukt nach der Befruchtung sowie die Nistaktivität regulieren. Die Zurückhaltung der Eier im Ovidukt kann bei Schildkröten zwischen 2 Wochen und einem halben Jahr betragen und gewährleistet somit eine sehr flexible Eiablage. Die energetischen Kosten für diese Zurückhaltung der Eier im Eileiter wurde hier bei der östlichen Moschusschildkröte (Sternotherus odoratus) untersucht indem wir die Stoffwechselrate der Weibchen vor und nach der Eiablage bestimmten. Tragende Weibchen zeigten eine erhöhte Stoffwechselrate im Vergleich zu Männchen und nicht tragenden Weibchen was zeigt, dass die Zurückhaltung der Eier mit einem erhöhten Energieaufwand einhergeht. Die Stoffwechselrate tragender Weibchen lag vor dem Ablegen der Eier um 40% höher und sie erwies sich als gleichbleibend erhöht während der Phase der Eizurückhaltung. Der metabolische Energieaufwand stand in Verbindung mit der Eizurückhaltung und korrelierte mit der Gelegemasse und dem Körpergewicht der jeweiligen Weibchen aber es bestand keine Korrelation mit der Gelegegröße oder der Anzahl der Tage bis zur Eiablage. Diese Ergebnisse legen nahe, dass die Strategie zur Nutzung einer Zurückhaltung der Eier im Eileiter mit erheblichen zusätzlichen Energiebedarf bei östlichen Moschusschildkröten einhergeht aber anscheinend dazu nötig ist eine kritische Flexibilität für eine optimale Eiablage zu gewährleisten.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Bei dieser Arbeit handelt es sich um eine ausgezeichnete Untersuchung die einem sehr viel Informationen über die Vorgänge verstehen lässt die wir so landläufig in der Reptilienhaltung unter dem Begriff Legenot abtun, die ja auch nicht selten mit dem Tod der tragenden Weibchen einhergehen kann. Insbesondere wird klar welche Probleme eine Legenot mit sich bringen kann. In vielen Fällen merken wir es ja daran, dass die Weibchen reife Eier tragen, dass sie oft Tage vor der Eiablage schon die Nahrungsaufnahme deutlich reduzieren. Letzteres ist wohl ein Platzproblem, da die reifen Eier im Ovidukt häufig den Verdauungstrakt derart einengen, dass für größere zu verdauende Nahrungsmengen wenig Platz bleibt. Letzteres bedeutet aber auch, dass die Weibchen die aufgrund mangelnder optimaler Nistplätze die Eier nicht ablegen diesen damit verbundenen erhöhten Energiebedarf aus ihren eigenen Körperenergiereserven abdecken müssen und somit dadurch einer zunehmenden Auszehrung ausgesetzt sind. Letztere zwingt sie entweder die Eier einfach auszustoßen oder aber diesen Energieverlust bis zum Tod zu ertragen. Dieser kann auch dadurch bedingt sein, dass die nach längerer Eizurückhaltung verbliebene Energie oder Mineralienmenge in Blut und Muskeln nicht mehr ausreichend ist um eine zu spät angebotene Nistmöglichkeit erfolgreich zu nutzen. Auf alle Fälle sollten wir aber daraus lernen, dass es unbedingt notwendig erscheint Weibchen die ihre Eier einfach ausgestoßen haben sofort mit ausreichend hochwertiger Nahrung zu versorgen um es ihnen zu ermöglichen ihre Energie- und Mineralienreserven zu füllen. Ja und da Eizurückhaltung einen erhöhten Stoffwechsel bedingt kann es auch sein, dass man ein Verlieren der Eier oft kurz nach Beginn einer Temperaturabsenkung für die Winterruhe beobachtet, da eben unter diesen Bedingungen eine Zurückhaltung eines reifen Geleges bei erniedrigter Stoffwechselrate nicht mehr möglich ist. Eine solche Beobachtung sollte uns aber daran erinnern eine Winterruhe sofort zu beenden, weil sie uns zeigt, dass das betroffene Weibchen eine Periode mit Zurückhaltung der Eier vor dem Einsetzen der Winterruhe durchlaufen hat und nun erst einmal wieder so viel Energie zu sich nehmen sollte um damit eine Winterruhe überstehen zu können. Warum drücke ich mich hier so allgemein aus – Nun weil ich der Meinung bin, dass die Ergebnisse aus dieser Arbeit nicht nur auf Sternotherus odoratus zu treffen könnten, sondern auch für andere Arten. Ja und so manche in der Vergangenheit selbst gemachte oder von anderen geschilderte Beobachtung und Erfahrung damit eine vernünftige Erklärung gefunden haben dürfte.

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