Grüne Meeresschildkröte, Chelonia mydas, – © Hans-Jürgen Bidmon

Stubbs - 2018 - 01

Stubbs, J. L. & N. J. Mitchell (2018): The Influence of Temperature on Embryonic Respiration, Growth, and Sex Determination in a Western Australian Population of Green Turtles (Chelonia mydas). Physiological and Biochemical Zoology 91(6): 1102-1114.

Der Einfluss der Temperatur auf die embryonale Atmung, das Wachstum und die Geschlechtsausprägung bei der Westaustralischen-Population der Suppenschildkröte (Chelonia mydas).

DOI: 10.1086/700433 ➚

Grüne Meeresschildkröte, Chelonia mydas, – © Hans-Jürgen Bidmon
Grüne Meeresschildkröte,
Chelonia mydas,
© Hans-Jürgen Bidmon

Die thermischen Umweltbedingungen haben wesentliche Auswirkungen auf viele Aspekte der Embryonalentwicklung und energetischen Bedingungen bei Meeresschildkröten, wobei sie auch Konsequenzen für deren Bedingungen nach dem Schlupf zeitigen. Hier inkubierten wir Chelonia mydas-Embryonen aus der Ningaloo–Riff Region in Westaustralien bei Temperaturen von 27 °C, 29 °C, 30 °C, 31 °C, 32 °C und 30 °C ± 5 °C um deren Entwicklungsraten und deren Pivotaltemperatur für die Geschlechtsausprägung zu bestimmen. Wir maßen ebenfalls das embryonale Wachstum, den Sauerstoffverbrauch und die Kohlenstoffdioxidproduktion während der Entwicklung bei 27 °C und 31 °C. Die Metabolismusrate war bei 31 °C höher als bei 27 °C, aber der Gesamtenergieverbrauch war bei 27 °C mit 2,281 mL Sauerstoffverbrauch höher im Vergleich zu den 1,992 mL bei 31 °C. Die Sauerstoffverbrauchskurve (Atmungsrate) zeigte für beide Temperaturen ein für Meeresschildkrötenembryonen typisches Muster mit einem Spitzenumsatz bei ungefähr 85 % der Entwicklung und einem danach einsetzenden Rückgang bis zum Schlupf. Die Schlüpflinge entwickelten sich bei höheren Temperaturen schneller waren aber kleiner und hatten einen größeren Dottersackrest als die Schlüpflinge, die sich bei kühlerer Temperatur entwickelten. Die Pivotaltemperatur, die eine ausgeglichene Geschlechterverteilung ergab lag bei 29.2 °C, wobei aber immer noch beide Geschlechter bei Temperaturen zwischen 27.9 °C und 30.4 °C unter den Schlüpflingen auftraten. Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Ningaloo–Population von C. mydas eine etwas unterschiedliche Temperatursensitivität als andere C. mydas-Populationen aufweist, was letztendlich darauf hinweist, dass es gerechtfertigt sein sollte populationsspezifische Datensammlungen anzulegen um die Aussagen darüber wie sich eine globale Erwärmung auswirken würde akkurater zu prognostizieren.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Nun neben den Erkenntnissen in Bezug auf die Arterhaltung bei einer globalen Erwärmung (siehe auch Kommentare zu Refsnider & Janzen, 2012; Butler et al., 2016; Mota Rodrigues & Lima-Ribeiro, 2018; While et al., 2018) finde ich den Befund, dass auch noch oberhalb der Pivotaltemperatur noch Vertreter beider Geschlechter schlüpfen sehr interessant. Denn zum einen belegt das, dass das männliche Geschlecht bei einer Erwärmung um 2 °C nicht gleich ganz aus der Natur verschwinden würde, was wahrscheinlich sowieso nicht vorkommen wird, da sich zumindest bei Meeresschildkröten sowohl das Verbreitungsgebiet wie auch die Nistplatzwahl auch hin zu kühleren Regionen ausweiten wird. Ja und zum zweiten macht das durchaus auch auf etwas aufmerksam was bei der künstlichen Inkubation oft nicht mit bedacht wird, dass eben auch noch deutlich oberhalb der Pivotaltemperatur, das eine oder andere männliche Jungtier schlüpfen kann! Deshalb kann bei künstlicher Inkubation das Hochsetzen der Temperatur auch nur einen Anhaltspunkt für mehr Weibchen darstellen, aber keine exakte Garantie dafür sein das nur Weichen schlüpfen (siehe dazu auch, Tezak et al., 2018 und den Kommentar). Denn lediglich extrem hohe Temperaturen, die aber oft mit Verlusten und Carapaxdeformationen einhergehen mögen so hoch sein, dass wirklich nur noch ein Geschlecht die Eier lebend verlässt.

Literatur

Butler, C. J., B. D. Stanila, J. B. Iverson, P. A. Stone & M. Bryson (2016): Projected changes in climatic suitability for Kinosternon turtles by 2050 and 2070. – Ecology and Evolution 6(21): 7690-7705 oder Abstract-Archiv.

Mota Rodrigues, J. F. & M. S. Lima-Ribeiro (2018): Predicting where species could go: climate is more important than dispersal for explaining the distribution of a South American turtle. – Hydrobiologia 808(1): 343-352 oder Abstract-Archiv.

Refsnider, J. M. & F. J. Janzen (2012): Behavioural plasticity may compensate for climate change in a long-lived reptile with temperature-dependent sex determination – Biological Conservation 152: 90-95 oder Abstract-Archiv..

Tezak, B. M., I. Sifuentes-Romero & J. Wyneken (2018): A new approach for measuring temperature inside turtle eggs. – Journal of Experimental Biology 221(20): jeb188698 oder Abstract-Archiv.

While, G. M., D. W.A. Noble, T. Uller, D. A. Warner, J. L. Riley, W.‐G. Du & L. E. Schwanz (2018): Patterns of developmental plasticity in response to incubation temperature in reptiles. – Journal of Experimental Zoology Part A Ecological Genetics and Physiology 329(4-5): 162-176 oder Abstract-Archiv.

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