Kalifornische Gopherschildkröte, Gopherus agassizii, – © H. Bradley Shaffer

Mulder - 2017 - 01

Mulder, K. P., A. D. Walde, W. Boarman, A. P. Woodman, E. K. Latch & R. C. Fleischer (2017): No paternal genetic integration in desert tortoises (Gopherus agassizii) following translocation into an existing population. – Biological Conservation 210: 318-324.

Keine väterliche genetische Integration bei Wüstenschildkröten (Gopherus agassizii) nach einer Umsiedlung in eine schon existierende Population.

DOI: 10.1016/j.biocon.2017.04.030 ➚

Kalifornische Gopherschildkröte, Gopherus agassizii, – © H. Bradley Shaffer
Kalifornische Gopherschildkröte,
Gopherus agassizii,
© H. Bradley Shaffer

Umsiedlungen sind eine sehr gebräuchliche Managementmaßnahme im Wildtiererhaltungsmanagement obwohl die Auswirkungen solcher Maßnahmen häufig nur unzureichend analysiert werden. Die meisten Umsiedlungsstudien überwachen nur die anfängliche Eingewöhnungsphase und die meisten der wenigen Langzeitetablierungsstudien die es bis heute gibt beschränken sich nur auf die Fruchtbarkeit der Weibchen. Die männliche genetische Integration nach einer milden Umsiedlung wurde bislang noch nie untersucht, wobei sie doch wichtige Aspekte einer gelungenen Integration mitbeeinflussen wodurch der Wert solcher Erfolgsbeurteilungen geschmälert wird. Um einmal die erfolgreiche Integration der umgesiedelten Männchen zu prüfen bestimmten wir die genetische väterliche Abstammung bei 92 Wüstenschildkrötenschlüpflingen (Gopherus agassizii) sowohl von umgesiedelten wie auch von einheimischen Weibchen vier Jahre nach der eigentlichen Umsiedlung. Das Ergebnis zeigte, dass 35 Schlüpflinge für die wir eine genetische Übereinstimmung mit uns aus unserer Datenbank bekannten Männchen nachweisen konnten von einheimischen Männchen gezeugt worden waren. Unter der Feststellung, dass 46 % der genotypisierten Männchen die sich innerhalb der Home range (Lebensraum) der Weibchen befanden einstmals umgesiedelte Männchen waren zeigt dieses Ergebnis, dass die umgesiedelten Männchen signifikant weniger Nachkommen zeugen als die einheimischen Männchen (G-Test, p-Wert < 0.0001). Bei dieser Studie handelt es sich um die Erste die den Erfolg der genetischen Integration von Männchen nach einer Umsiedlungsaktion bei einer wildlebenden Mischpopulation überprüft. Wir stellen somit die Hypothese auf, dass sowohl die Kondition der umgesiedelten Männchen wie auch die Partnerauswahl der Weibchen und die Kompetition mit einheimischen Männchen dazu beitragen, dass umgesiedelte Männchen einen wesentlich niedrigeren Reproduktionserfolg haben. Wir empfehlen deshalb die Nutzung der Vaterschaftsbestimmung auch bei anderen Arten, um zu prüfen ob es sich hierbei um allgemeingültige Beobachtung handelt, denn es handelt sich hierbei schon um ein zum einen unerwartetes und zum anderen alarmierendes Ergebnis.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Hier muss man den Autoren durchaus Recht geben, dass es sich um ein unerwartetes Ergebnis handelt das zumindest zeigt, dass sich die umgesiedelten adulten Männchen wesentlich schlechter integrieren und obwohl sie überleben unter der Konkurrenz mit den einheimischen Männchen leiden. Sicher hängt dabei auch viel von den vorhandenen optimalen Mikrohabitaten ab die sie nutzen können, denn diese sind ja meist schon vor einer Umsiedlung in eine bestehende Population schon von den ortsansässigen Individuen besetzt. Ja und da vor solchen Umsiedlungen ja meist auch nicht überprüft wird, ob das Habitat einer solchen Empfängerpopulation überhaupt noch mehr Tiere verkraften kann und wenn wie viele, bleiben solche Ergebnisse wohl nicht aus. Es lässt sich aber wohl aus den Daten auch schließen, dass die umgesiedelten adulten Weibchen wohl dabei weniger Probleme haben z. B. die Mikrohabitate wie Wohnhöhlen der einheimischen Männchen mit zu nutzen. Was aber auch angezeigt sein sollte ist wohl, dass man diese Studie längerfristig wiederholen müsste, denn bei einer solchen Umsiedlungsmaßnahme werden, so hoffe ich doch, auch juvenile Individuen mit umgesiedelt die aufgrund des langsamen Wachstums bei Wüstengopherschildkröten erst nach einem viel längeren Zeitraum als 4 Jahren zur Reproduktion einen Beitrag leisten würden und somit sowohl zur Integration wie auch zum erhöhten Genfluss einen Beitrag leisten könnten. Ebenso erscheint es wohl auch für solche Studien sehr wichtig, dass man bei Umsiedlungsmaßnahmen immer Proben nimmt die man, wenn nicht sofort, dann doch später einmal zur Gewinnung genetischen Materials nutzen kann um auch retrospektiv solche Analysen durchführen zu können, die letztendlich dabei helfen den Erfolg von Erhaltungsmaßnahmen nicht nur zu überprüfen, sondern langfristig auch helfen ihn zu verbessern. Siehe auch Bouchard et al., 2017; Dresser et al., 2017.

Literatur

Bouchard, C., N. Tessier & F. L. Lapointe (2017): Paternity Analysis of Wood Turtles (Glyptemys insculpta) Reveals Complex Mating Patterns. – Journal of Heredity 109(4): 405-415 oder Abstract-Archiv.

Dresser, C. M., Ogle, R. M. & B. M. Fitzpatrick (2017): Genome scale assessment of a species translocation program. – Conservation Genetics 18: 1191-1199 oder Abstract-Archiv.

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