Aldabra-Riesenschildkröte, Aldabrachelys gigantea, – © Thorsten Geier

Gerlach - 2004 - 01

Gerlach, J. (2004): Effects of diet on the systematic utility of the tortoise carapace. – African Journal of Herpetology 53(1): 77-85.

Auswirkungen der Nahrung auf den Gebrauch des Schildkrötenpanzers für die Systematik

DOI: 10.1080/21564574.2004.9635499 ➚

Aldabra-Riesenschildkröte, Aldabrachelys gigantea, – © Hans-Jürgen Bidmon
Aldabra-Riesenschildkröte,
Aldabrachelys gigantea,
© Hans-Jürgen Bidmon

Ein Hauptmerkmal zur Identifizierung einer Schildkrötenart ist der Carapax. Die Taxonomie etlicher Arten von Landschildkröten wird derzeit in Frage gestellt, ein wesentlicher Grund dafür ist, dass es nur ein begrenztes Wissen über die Bandbreite der innerartlichen Variabilität innerhalb der Populationen gibt. Für die Arten von denen es fast nur noch in Gefangenschaft gehaltene Populationen gibt, und die dadurch auch einen großen Wert für die Arterhaltung haben, besteht jedoch die Notwendigkeit die Individuen auch eindeutig zuordnen zu können. Diesbezüglich wurde der Wert des Carapaxes für die systematische Identifizierung oft angezweifelt, da immer wieder, bedingt durch die bei der Gefangenschaftshaltung verwendete Nahrung, gravierende Carapaxdeformationen beschrieben wurden. Hier habe ich den Einfluss der Nahrung bei zwei Arten, Testudo ibera (T. graeca ibera; nordöstliche Maurische Landschildkröte)und Dipsochelys dussumieri (Seychellen-Riesenschildkröte) untersucht. Es konnten frühere Befunde dahingehend bestätigt werden, dass ein niedriges Kalzium:Phosphor Verhältnis die Pyramidenbildung fördert und dass ein extremer Kalziummangel zu Stoffwechsel bedingten Knochenerkrankungen (Metabolic bone disease) führen. Trotz dieser durch unzureichende Ernährung bedingten Veränderungen, welche zu Verformungen an den beanspruchten Panzerstellen führen, blieben Parameter des Carapax, die für die Systematik von Bedeutung sind wie Schildproportion, Färbung und Einkerbungen erhalten, und das Plastron wird von den Veränderungen gar nicht betroffen. Damit kann festgestellt werden, dass die zur systematischen Identifizierung einer Art wichtigen Carapax- und insbesondere Plastroncharaktere ihren Wert für die Systematik beibehalten. Meine Untersuchung belegt, dass auch weiterhin eine sorgfältige Analyse dieser taxonomisch wertvollen Charaktere angezeigt ist.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Selbstverständlich wird auch das Plastron von ernährungsbedingten Erkrankungen betroffen und die meisten wissen, dass es oft sehr schnell weich wird, dennoch hat der Autor recht, dass sich seine Form wesentlich weniger verändert als die des Carapaxes. Die Arbeit zeigt klar die Form verändernde Auswirkungen falscher oder mangelhafter Ernährung und gibt einen guten, wenn auch nicht ganz vollständigen Überblick über die entsprechende Literatur, und sie geht auf die verschieden Varianten der Fehlernährung bzw. Fehlbeleuchtung ein. Der Autor hat allerdings zur Begründung der Ursachen, die zu Knochenveränderungen führen, fast ausschließlich Literatur herangezogen, die sich auf Befunde an Säugetieren stützt, ein Umstand der sehr fraglich ist, da neuere physiologische Untersuchungen eben zeigen, dass bei Schildkröten doch etwas andere physiologische Prozesse bezüglich der Panzerknochen ablaufen, als wir sie von ihrem Normskelett und vom Säugerskelett her kennen. Nichtsdestotrotz wird das eigentliche Ziel der Untersuchung (Brauchbarkeit für die systematische Abgrenzung) klar belegt.

Galerien