Gesägte Flachschildkröte, Homopus signatus, nördliche Form (vormals Homopus signatus signatus), ein Männchen, Fundort: Northern Cape, South Africa – © Victor Loehr

Galosi - 2021 - 01

Galosi, L., A. R. Attili, S. Perrucci, F. C. Origgi, A. M. Tambella, G. Rossi, V. Cuteri, M. Napoleoni, N. Aconiti Mandolini, G. Perugini & V. J. T. Loehr (2021): Health assessment of wild speckled dwarf tortoises, CHERSOBIUS SIGNATUS. – BMC Veterinary Research 17(1): 102.

Die Erfassung des Gesundheitszustands von wildlebenden gesägten Flachschildkröten, Chersobius signatus.

DOI: 10.1186/s12917-021-02800-5 ➚

Gesägte Flachschildkröte, Homopus signatus, – © Victor Loehr
Gesägte Flachschildkröte,
Homopus signatus, südliche
Form (vormals
Homopus signatus cafer
),
Fundort: Western Cape,
South Africa
© Victor Loehr➚

Hintergrund
Bei freilebenden Reptilienpopulationen können bakterielle, virale, parasitische sowie mykologische Pathogene die Wirte sowohl in Bezug auf die Bewegungsfähigkeit, die Thermoregulation, die Reproduktion, die Überlebensfähigkeit, sowie in Bezug auf die Populationsdynamik negativ belasten. Die gesägte Flachschildkröte (Chersobius [Homopus] signatus) gehört zu den bedrohten Arten deren Lebensraum auf die Sukkulentenregion des Karoo-Bioms von Südafrika begrenzt ist wobei nur wenige Informationen über Pathogene für die Art bislang bekannt sind. Wir erarbeiteten hier Grundlagendaten für 5 Männchen und 5 Weibchen die eingefangen wurden, um die genetische Vielfalt der in Europa gehaltenen Nachzuchtpopulation zu gewährleisten. Während des Einsammelns der Landschildkröten wurden die vorhandenen Zecken entfernt und identifiziert. Direkt nach der Ankunft in Europa wurden Augen-, Nasen-, Rachen- und Kloakenabstriche angefertigt um damit virale, bakteriologische und mykologische Untersuchungen durchzuführen. Kotproben wurden vor und einen Monat nach einer Behandlung mit Fenbendazol entnommen und auf Parasiten untersucht. Eine Serie von PCR-Analysen wurde veranlasst, um das Vorhandensein von Herpesviren, Adenoviren sowie Iridoviren zu diagnostizieren.

Ergebnisse
Alle Proben erwiesen sich als negativ für Viren, während die bakteriologischen Untersuchungen nachweisbares Bakterienwachstum bei 82,5 % Abstriche zeigten mit einer durchschnittlichen Belastung mit 16x107 ± 61x108 Kolonie–bildenden Einheiten (CFU) pro Abstrich wobei 34 Bakterienspezies identifiziert werden konnten. Kloaken- und Rachenabstriche lieferten die höchste nachweisbaren Bakterienmengen im Vergleich mit den Nasen- und Augenabstrichen wobei es aber keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern gab. Pilze und Hefen (durchschnittliche Belastung 5x103 ± 13x103 CFU/Abstrich) wurden in 25 % der Abstriche nachgewiesen. Alle vor der Behandlung entnommenen Kotproben waren positiv für Oxyurideneier mit Eizahlen die zwischen 200 und bis zu 2.400 pro Gramm Kot lagen. Nach der Behandlung hatte sich die Eizahl bei 7 von 10 Schildkröten signifikant um 90 % - 100% reduziert. Ein Tier zeigte nur eine Erniedrigung um 29 % während sich die Eizahl bei den beiden anderen Tieren sogar erhöht hatte. Bei fünf Landschildkröten wurden auch Nycthocterus spp. sowie Oozysten von Kokzidien identifiziert. Die weichhäutigen Zecken waren als Ornithodoros savignyi identifiziert worden.

Schlussfolgerung
Unsere Grundlagendaten für klinisch gesund erscheinende Individuen helfen bei der Interpretation der Mikroorganismenbelastung bei zukünftigen Studien zur Gesundheit der Populationen der gesägten Flachschildkröte. Die Studienpopulation erscheint aufgrund der Befunde derzeit nicht durch das derzeitige Vorkommen von Parasiten gefährdet zu sein.

Gefurchte Erdschildkröte, Rhinoclemmys areolata, – © Francesca M. Cassola
Gefurchte Erdschildkröte,
Rhinoclemmys areolata,
© Francesca M. Cassola

Kommentar von H.-J. Bidmon

Eine durchaus interessante quantitative Untersuchung zum Vorkommen von Pathogenen oder Kommensalen in klinisch gesunden Landschildkröten, die so manchen aufhorchen lassen sollte! Denn wie oft werden z. B. schon wegen sehr viel weniger Oxyurideneier drastische Entwurmungsmaßnahmen selbst noch kurz vor der bevorstehenden Winterruhe von manchen Veterinären eingeleitet? Sicher darf die Pathogenbelastung gerade bei Gefangenschaftshaltung auf beengtem Raum nicht zu hoch werden, aber ich denke eine gewisse Belastung gehört einfach zum normalen Leben, zumal dabei ja meist nicht zwischen pathogenen Spezies und gesunden Spezies unterschieden wird. Ja und wenn sie einmal über ein gesundes Darmmikrobiom (siehe Sarmiento-Ramírezet al., 2014; Elliott et al., 2019; Fong et al., 2020; Martínez-Romero et al., 2020) nachdenken, dann sollte es auch nicht verwundern, dass man bei Kloaken- und Rachenabstrichen die höchsten Bakterienbelastungen nachweisen kann. Leider nützt es aber keinem Halter, wenn er als Diagnose nur einen Bescheid mit „Bakterien +“ ausgehändigt bekommt. Eher unnormal dürften die 17,5 % in der obigen Arbeit angegebenen Befunde sein, bei denen keine Bakterien nachgewiesen werden konnten, denn das lässt eher auf einen Fehler bei den Abstrichen bzw. bei der Kultivierung schließen als auf ein echtes negatives Ergebnis.

Literatur

Elliott, T. F., D. S. Bower & K. Vernes (2019): Reptilian Mycophagy: A global review of mutually beneficial associations between reptiles and macrofungi. – Mycosphere 10(1): 776-797 oder Abstract-Archiv.

Fong, J. J., Y.-H. Sung & L. Ding (2020): Comparative Analysis of the Fecal Microbiota of Wild and Captive Beal's Eyed Turtle (Sacalia bealei) by 16S rRNA Gene Sequencing. – Frontiers in Microbiology 11: 570890 oder Abstract-Archiv.

Martínez-Romero, E., J. L. Aguirre-Noyola, R. Bustamante-Brito, P. González‐Román, D. Hernández-Oaxaca, V. Higareda, L. M. Montes‐Carreto, J. C. Martínez‐Romero, M. Rosenblueth & L. Servín-Garcidueñas (2020): We and herbivores eat endophytes. – Microbial Biotechnology 14(4): 1282-1299 oder Abstract-Archiv.

Sarmiento-Ramírez, J. M., M. van der Voort, J. M. Raaijmakers & J. Diéguez-Uribeondo (2014): Unravelling the Microbiome of Eggs of the Endangered Sea Turtle Eretmochelys imbricata Identifies Bacteria with Activity against the Emerging Pathogen Fusarium falciforme. – PLoS One 9(4): e95206 oder Abstract-Archiv.

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